5 Gründe, warum Insurtechs scheitern – und wie man ihre Fehler vermeidet

12 März, 2025 | Aktuell Blog Nicht kategorisiert
5 Gründe, warum Insurtechs scheitern – und wie man ihre Fehler vermeidet.
5 Gründe, warum Insurtechs scheitern – und wie man ihre Fehler vermeidet.

Haben Sie sich jemals gefragt, warum Insurtechs scheitern?

Ich habe diesen Bereich sorgfältig untersucht, mit Insurtech-Gründern gesprochen und gesehen, wie vielversprechende Startups scheitern, bevor sie jemals eine gewisse Grösse erreichen.

Einige der klügsten Köpfe kommen in die Versicherungsbranche und denken, sie würden die Branche über Nacht «stören». Sie bringen Tech-Buzzwords, grosse Finanzierungsrunden und kühne Visionen mit – nur um festzustellen, dass Versicherungen anders funktionieren.

Hier sind fünf Gründe, warum die meisten Insurtechs keine nachhaltigen Ergebnisse erzielen. Die Liste ist keineswegs erschöpfend, sondern zeigt vielmehr das, was ich in der Branche am häufigsten gesehen habe.

1. Verliebtheit in die Lösung

Immer wieder sehe ich Insurtechs, die zuerst entwickeln und erst danach Fragen stellen – ein klassischer Fall von «Technologie zuerst, Problem danach».

Eine glänzende neue Technologie taucht auf, und plötzlich ist jedes Pitch-Deck voller KI-gestützter Underwriting-Prozesse, Blockchain basierter Smart Contracts und GenAI-gesteuerter Schadensabwicklungen. Investoren lieben es, von «Disruption» zu hören, also was gibt es Besseres, als eine Folie mit Schlagwörtern zu füllen?

Der Coolness-Faktor überwiegt, aber nur sehr wenige stellen die wichtigste Frage: Welches tatsächliche Problem lösen sie?

Bei Versicherungen geht es nicht darum, die neueste Technologie an die Wand zu werfen, um zu sehen, was kleben bleibt. Kunden kaufen keine Versicherungen, weil sie einen schicken KI-Algorithmus wollen; sie kaufen sie, weil sie Schutz und eine Lösung benötigen, wenn etwas schiefläuft.

Technologie ist nur ein Werkzeug, nicht mehr und nicht weniger. Sie sollte dem Geschäft dienen, nicht umgekehrt. Die erfolgreichsten Insurtechs setzen Technologie nicht um ihrer selbst willen ein, sondern beginnen mit einem echten geschäftlichen Problem, welches sie sehr gut verstehen müssen und entwickeln dann die richtige Lösung.

Der Unterschied zwischen Innovation und Spielerei? Das eine löst ein Problem. Das andere klingt nur in einer Finanzierungsrunde beeindruckend.

2. Unzureichendes Verständnis der Wertschöpfungskette in der Versicherungsbranche

Seien wir ehrlich – Versicherungen sind langweilig.
Sie sind nicht so spannend wie Fintech, wo Geld in Sekundenschnelle bewegt wird, oder Healthtech, wo bahnbrechende, lebensrettende Innovationen entstehen. Versicherungen arbeiten im Hintergrund und sorgen leise für Risikomanagement und langfristige finanzielle Stabilität.

Dennoch ist die Branche äusserst technisch. Wenn man Underwriting, Schadenmanagement, Preisgestaltung und Compliance nicht versteht, wird es schwierig, etwas zu entwickeln, das tatsächlich funktioniert.

Ich habe brillante Köpfe gesehen, voller Enthusiasmus und technologischem Know-how, die gescheitert sind, weil sie die Komplexität der Versicherungsbranche unterschätzt haben. Sie dachten, sie könnten eine elegante, automatisierte Lösung bauen – nur um dann festzustellen, dass die Risikobewertung komplizierter ist als gedacht und dass Schadenmanagement weit mehr umfasst als nur schnelle Zahlungen.

Viele Insurtech-Teams bestehen aus hervorragenden Ingenieuren und Datenwissenschaftlern, denen jedoch das grundlegende Versicherungswissen fehlt. Sie entwickeln Technologie in einem Vakuum, völlig losgelöst von den tatsächlichen Gegebenheiten der Branche.

Letztendlich führt diese Diskrepanz zu Konflikten mit Versicherern, unrealistischen Erwartungen und Lösungen, die sich einfach nicht in das bestehende Geschäftsmodell integrieren lassen.

Technologie kann die Versicherungsbranche verbessern, aber sie kann nicht die grundlegenden Prinzipien der Branche über Bord werfen. Wer das nicht versteht, landet am Ende mit einem ausgeklügelten Produkt, das weder Versicherer, Makler noch Underwriter nutzen möchten.

3. Arroganz – «Wir sind hier, um diese veraltete Branche zu revolutionieren»

Ich habe schon viele Insurtechs mit derselben kühnen Behauptung auf den Markt kommen sehen:
«Wir sind hier, um diese veraltete Branche zu reparieren.»

Sie sehen die Versicherungsbranche als langsam, bürokratisch und reif für Disruption – und ganz Unrecht haben sie nicht. Doch hier kommt die Realität: Versicherung ist nicht kaputt. Sie ist komplex. Und das aus gutem Grund.

Versicherung ist ein Ökosystemgeschäft. Es ist ein fein abgestimmtes System, in dem Versicherer, Rückversicherer, Makler, Dienstleister und Regulierungsbehörden gemeinsam daran arbeiten, Risiken zu managen. Kein einzelner Akteur – nicht einmal ein gut finanziertes Insurtech – kann diese Struktur über Nacht auf den Kopf stellen.

Startups, die versuchen, die etablierten Unternehmen zu verdrängen, statt mit ihnen zu arbeiten, scheitern oft. Warum? Weil die Versicherungsbranche keine Branche ist, die man isoliert durcheinander bringen kann. Anders als im Einzelhandel, wo digitale Herausforderer traditionelle Anbieter verdrängen können, basiert Versicherung auf Partnerschaften, Kapitalunterstützung und Vertrauen, das über Jahrzehnte aufgebaut wurde.

Die wahren Gewinner arbeiten mit den etablierten Unternehmen, nicht gegen sie. Sie bringen Mehrwert ins Ökosystem, verkürzen die Markteinführungszeit, optimieren die Schadenbearbeitung oder entwickeln innovative Vertriebsmodelle.

4. Skalierbarkeit – Fokus, Fokus, Fokus

Ein kleines Unternehmen kann nicht den ganzen Ozean zum Kochen bringen.

Dennoch sehe ich immer wieder Insurtechs, die alles auf einmal versuchen: mehrere Produkte, fragmentierte Vertriebskanäle, aggressive geografische Expansion von Anfang an.

Das klingt ehrgeizig. Doch in Wirklichkeit? Ein Rezept für halbherzige Lösungen und fehlende Traktion.

Wer sich zu breit aufstellt, verwässert seinen Fokus. Vertriebsteams haben Mühe, Fahrt aufzunehmen, Marketingmassnahmen werden unkoordiniert, und die Produktentwicklung besteht mehr aus Flickwerk als aus der Perfektionierung eines zentralen Angebots.

Die erfolgreichsten Insurtechs machen es genau andersherum. Sie konzentrieren sich zunächst auf eine einzige Sache:

  • Einen klaren Anwendungsfall und ein eindeutiges Problem, das gelöst wird.
  • Einen Vertriebskanal – sei es über Makler, Embedded-Partnerschaften oder Direktvertrieb.
  • Einen Kernmarkt – sie dominieren eine Region, bevor sie an Expansion denken.

Erst wenn sie eine solide Marktpräsenz aufgebaut haben, skalieren sie systematisch – indem sie ihr Produktportfolio erweitern, neue Märkte erschliessen und zusätzliche Vertriebskanäle testen.

Wachstum bedeutet nicht, mehr zu tun, sondern die richtigen Dinge zur richtigen Zeit zu tun.

5. Digital um jeden Preis – eine Fehlannahme

Ich liebe digitale Lösungen. Automatisierung, KI-gestützte Prozesse, reibungslose Schadenbearbeitung – grossartig. Aber vergessen wir nicht, worum es bei Versicherung eigentlich geht: ein Sicherheitsnetz in schwierigen Momenten.

Ein Kunde, der gerade einen Unfall hatte, wird nicht inmitten der Einöde eine App herunterladen, während er fassungslos auf sein zerstörtes Auto starrt. Er wird nicht geduldig warten, bis ein Chatbot «seinen Fall analysiert», während ein weinendes Kind auf dem Rücksitz sitzt.

Manchmal brauchen Menschen einfach einen echten Ansprechpartner – jemanden, der zuhört, sie durch den Prozess führt und ihnen in diesem Moment wirklich hilft. Ja, digitalisiert so viel wie möglich, aber versteckt die Telefonnummer nicht, als wäre sie Frodos Ring.

Trotzdem drängen einige Insurtechs auf vollständige Automatisierung, weil sie glauben, dass Kunden nur digitale Erlebnisse wollen. Aber Kunden wollen Wahlfreiheit.

  • Manche bevorzugen eine komplett digitale Self-Service-Lösung für einfache Anliegen.
  • Andere wünschen sich einen hybriden Ansatz – schnelle digitale Prozesse, unterstützt durch persönliche Hilfe, wenn es darauf ankommt.

Ein grossartiges digitales Erlebnis bedeutet nicht, Menschen aus der Gleichung zu entfernen.
Es bedeutet, Technologie und menschliche Unterstützung nahtlos zu integrieren, damit Kunden genau das bekommen, was sie brauchen – wann sie es brauchen und auf die Weise, die für sie am besten passt.

Die Erfolgsfaktoren der Insurtechs

Die erfolgreichen Insurtechs sind nicht diejenigen, die den neuesten Technologietrends nachjagen. Es sind diejenigen, die echten Mehrwert in der Branche schaffen.

Sie lösen ein echtes Versicherungsproblem, anstatt Technologie dort einzusetzen, wo sie nicht benötigt wird. Sie verfügen über tiefes Branchenwissen und verstehen die Feinheiten der Schadenregulierung und des Vertriebs. Anstatt das gesamte System stören zu wollen, arbeiten sie im Ökosystem, kooperieren mit Versicherern, Rückversicherern und Maklern, um sinnvolle Veränderungen zu bewirken.

Sie bleiben fokussiert auf die Umsetzung und vermeiden die Versuchung, sich mit zu vielen Produkten oder Märkten zu verzetteln. Und sie nutzen die Digitalisierung weise, ohne Automatisierung dort zu erzwingen, wo menschliche Interaktion unerlässlich ist.

Technologie ist mächtig, aber letztlich ist Versicherung ein Geschäft mit Menschen. Eines Tages mag AGI die menschliche Verbindung, wie wir sie kennen, transformieren. Bis dahin konzentrieren Sie sich auf ein Problem, das es wert ist, gelöst zu werden.

Mirela Dimofte

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