Serie von Erdbeben auf der Ferieninsel Santorini
7 Februar, 2025 | Nicht kategorisiert Aktuell
Die griechische Insel Santorini erlebt derzeit eine Serie von Erdbeben, die am 24. Januar 2025 begonnen hat und noch nicht überstanden zu sein scheint. In diesem Zeitraum wurden über 1.200 Erschütterungen registriert, wobei die stärkste eine Magnitude von 5,3 auf der Richterskala erreichte. Die Epizentren dieser Beben liegen hauptsächlich zwischen den Inseln Santorini, Anafi, Amorgos, Ios und der unbewohnten Insel Anydros. Experten betonen, dass diese seismische Aktivität tektonischen Ursprungs ist und nicht mit vulkanischer Aktivität in Verbindung steht.
Als Reaktion auf diese Ereignisse haben die griechischen Behörden am 6. Februar 2025 den Notstand ausgerufen und verschiedene Massnahmen ergriffen. Schulen auf Santorini und den umliegenden Inseln wurden geschlossen, und es wurden Evakuierungszentren eingerichtet. Zudem wurde der Zugang zu Küstengebieten und bestimmten Häfen aufgrund von Tsunamirisiken eingeschränkt. Es wurden bereits zwei Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner von der Insel evakuiert. Die Regierung hat Rettungsteams entsandt und die Bevölkerung dazu aufgerufen, Ruhe zu bewahren und den Anweisungen der Behörden zu folgen.
Erdbeben in der Schweiz?
Historische Ereignisse wie das Erdbeben von Basel im Jahr 1356 mit einer geschätzten Magnitude von 6,6 oder das Erdbeben von Siders 1946 mit einer Magnitude von 5,8 zeigen, dass auch in der Schweiz erhebliche seismische Aktivitäten möglich sind. Siehe auch die interaktiven Karten des Erdbebendienstes der ETH Zürich.
Das Erdbebenrisiko in der Schweiz ist auch heute präsent, wird jedoch oft unterschätzt. Laut dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) bebt die Erde hierzulande durchschnittlich 500 bis 800 Mal pro Jahr, wobei 10 bis 15 dieser Beben für Menschen spürbar sind. An der Jahresmedienkonferenz des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV) sagte Clemens Markstein, Vorstand SVV und CEO Baloise, dass Erdbeben in der Schweiz viel wahrscheinlicher sind, als man glauben möchte.
Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent
Gemäss dem BAFU liegt die Wahrscheinlichkeit eines lokalen Bebens der Magnitude 5,5 über eine Zeitspanne von 50 Jahren bei 80 Prozent. Bei einem regionalen Schadenbeben der Magnitude 6 bei ca. 40 Prozent. Diese Zahlen überraschen, denn gemäss der Studie, die der SVV bei Sotomo in Auftrag gegeben hat, fühlen sich nur 19 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer durch ein Erdbeben bedroht. Viel grösser ist die Angst vor Pandemien (50 Prozent), einer Strommangellage (41%), Cyberangriffen (73%), Stürmen (64%), Hochwasser (38%) und Erdrutschen (27%).
Nur ein Drittel der Bevölkerung schätzt das Risiko als hoch ein, dass ein Erdbeben in der Schweiz grosse Schäden verursachen könnte. Der Schweizerische Erdbebendienst hat 2023 ein Erdbebenrisikomodell veröffentlicht, das dem widerspricht, denn es zeigt dass das Schadenpotential bis weit ins Mittelland sehr gross sein kann. Zur Veranschaulichung gibt der Dienst konkrete Beispiele, wonach ein Erdbeben in Aigle (VD) mit einer Magnitude von 5,9 auf der Richterskala wohl über 5 Milliarden Franken kosten würde. Ein vergleichbares Beben würde im Aargau sogar das Doppelte kosten.
Besonders gefährdete Regionen sind das Wallis, die Region Basel, das St. Galler Rheintal, das Berner Oberland, das Engadin sowie Teile der Innerschweiz. Dennoch können Erdbeben überall in der Schweiz auftreten, und es gibt kein Gebiet, in dem die Erdbebengefährdung vernachlässigt werden kann.
Nur 15 Prozent der Gebäude versichert
Trotz dieser Gefährdung sind nur etwa 15 Prozent der Gebäude in der Schweiz gegen Erdbebenschäden versichert. Diese geringe Versicherungsdichte kann auf ein mangelndes Risikobewusstsein, die Annahme einer ausreichenden Deckung durch bestehende Policen oder die Erwartung staatlicher Hilfe im Schadensfall zurückgeführt werden. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass ohne eine entsprechende Versicherung Gebäudeeigentümer im Falle eines schweren Erdbebens vor erheblichen finanziellen Herausforderungen stehen könnten.
In Bezug auf die Sicherheit variieren die Risiken je nach Region und Bauweise der Gebäude. Gebiete mit festem Felsuntergrund und moderner, erdbebensicherer Bauweise gelten als sicherer. Hingegen können weiche Sedimentböden, wie sie in Tälern oder an Seeufern vorkommen, die Erschütterungen verstärken und somit das Risiko erhöhen. Zudem sind ältere Gebäude, die vor der Einführung moderner Baunormen errichtet wurden, oft weniger widerstandsfähig gegenüber seismischen Aktivitäten.
SVV lehnt die Eventualverpflichtung ab
Entgegen der Sicht des SVV, neue Wege der Sensibilisierung für das bestehende Risiko zu suchen und die Eigenverantwortung der Bevölkerung zu stärken, setzt der Staat auf Erdbebenversicherungen mittels Eventualverpflichtung. Clemens Markstein sagt dazu deutlich: «Eine Versicherung ist das nicht, vielmehr hat eine Eventualverpflichtung den Charakter einer nachträglichen Steuer. Denn sie ermöglicht es dem Bund, Gebäudeeigentümern nach einem Erdbeben zur Zahlung eines Beitrags von maximal 0,7 Prozent der Gebäudeversicherungssumme zur Deckung von Gebäudeschäden zu verpflichten.»
Risikobewertung und Versicherungsabschluss
Angesichts dieser Fakten ist es für Gebäudeeigentümer in der Schweiz ratsam, eine individuelle Risikobewertung durchzuführen und gegebenenfalls eine Erdbebenversicherung abzuschliessen. Zudem sollten bei Neubauten die aktuellen erdbebensicheren Bauvorschriften berücksichtigt werden, um das Schadensrisiko zu minimieren. Die Ereignisse auf Santorini dienen als Erinnerung daran, dass seismische Gefahren real sind und entsprechende Vorsorgemaßnahmen unerlässlich bleiben.
Binci Heeb
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