Risk-!n: Resilienz ist Teamsache – Von Einzelsportlern, Weltumseglern und Unternehmen im Härtetest

23 Mai, 2025 | Aktuell Allgemein
Risk-!n: Resilienz ist Teamsache.
Risk-!n: Resilienz ist Teamsache.

Ob auf hoher See, auf steilen Alpenpässen oder in globalen Lieferketten – Resilienz zeigt sich im Moment der Krise. Was Extremsportler, Risikomanager und Unternehmen voneinander lernen können, wenn es wirklich zählt.

Resilienz beginnt oft mit einer Geschichte, die ans Eingemachte geht und von Rajeev Dutt (GM MEA & APAC) bei Swiss GRC erzählt wurde. Eine solche Geschichte ist die von Commander Abhilash Tomy. Der indische Marineoffizier und Extremsportler stellte sich einer der härtesten Herausforderungen der Welt: der Golden Globe Race – einer Einhand-Weltumsegelung über 240 Tage, ohne Zwischenstopps, ohne moderne Technik. Die Regeln verlangen, nur Ausrüstung zu verwenden, die bereits 1968 zur Verfügung stand. Kein GPS, kein Internet, kein Funkkontakt ausser für Notfälle.

Tomy verunglückte 2018 schwer, erlitt einen Wirbelbruch und musste nach seiner Rettung durch fünf Marineeinheiten das Gehen neu lernen. Doch er kehrte zurück – und beendete 2022 erfolgreich das Rennen. Seine Botschaft: «Resilienz ist der Preis, den man zahlt, um das Leben seiner Träume zu leben. Es ist der Sprung ins Ungewisse, den man bewusst wählt.» Tomys Geschichte zeigt eindrücklich: Resilienz ist kein Zustand, sondern ein Prozess, der Mut, Disziplin und mentale Stärke erfordert – eine Haltung, die auch in der Wirtschaft zunehmend gefragt ist.

Zwischen Alpenpässen und Risikoanalysen: Was Ultra-Cycling mit Risikomanagement zu tun hat

Christophe Gingins, CFO bei Beyond Numbers, verbindet berufliche Verantwortung mit sportlicher Grenzerfahrung. Als Ultra-Cyclist nimmt er regelmässig an mehrtägigen Radrennen teil, unter extremen Bedingungen und oft ohne externe Unterstützung. Die Vorbereitung auf solche Rennen erfordert vorausschauendes Planen, präzises Risikomanagement und ständige Selbstreflexion – Fähigkeiten, die er auch in seiner Rolle als Risikomanager täglich braucht.

«Wenn du bei 40 Grad und 27.000 Höhenmetern durch die Alpen fährst, lernst du, was echte Entscheidungsfähigkeit bedeutet. Du brauchst einen Plan A, B – und einen C für den Notfall», erklärt Rochat. Dabei gehe es nicht nur um Ausdauer, sondern um das aktive Trainieren von Anpassungsfähigkeit und Handlungskompetenz. Wer sich im Sport permanent auf neue Bedingungen einstellen muss – Hitze, Regen, Schlafmangel, technische Probleme – entwickelt einen anderen Blick auf Risiken im beruflichen Kontext.

Seine wichtigste Erkenntnis: «Nicht alles ist planbar – aber alles ist vorbereitbar.» Diese Haltung überträgt er in die Unternehmenswelt: Resilienz heisst, die eigene Organisation so aufzustellen, dass sie in der Lage ist, auf Unvorhergesehenes flexibel zu reagieren – ohne in Chaos oder Lähmung zu verfallen.

Wenn die Hitze zur Geschäftsbedrohung wird: Resilienz bei COFRA

Für globale Unternehmen wie COFRA, eine diversifizierte Holding mit Beteiligungen in Immobilien, Einzelhandel und erneuerbaren Energien, ist Klimaanpassung längst Realität. Arjan Vos, Head of Climate Strategy bei COFRA, berichtete auf der Konferenz über die drastischen Auswirkungen zunehmender Hitzeperioden. «In Südostasien verzeichnen wir inzwischen über 50 Hitzetage pro Jahr – an denen es für Mitarbeitende in der Lieferkette schlicht nicht mehr möglich ist zu arbeiten» so Vos.

Viele der lokalen Partnerfirmen könnten sich keine adäquaten Massnahmen wie Kühlanlagen leisten. Die Folge: Produktionsausfälle, Einkommensverluste, gesundheitliche Gefahren – und ein wachsender Druck, langfristig neue Standortstrategien zu entwickeln. Doch ein blosser Rückzug sei keine Lösung: «Wir können nicht einfach abziehen. Wir tragen Verantwortung – für unsere Partner, unsere Mitarbeitenden und die lokalen Gemeinden.»

In Brasilien etwa mussten Shops in der Amazonasregion ihre Öffnungszeiten anpassen, da Kunden und Personal bei Tageshitze ausbleiben. Die Umsätze sinken, das Personal ist belastet – und es braucht kreative, gemeinschaftliche Lösungen. COFRA nutzt dafür unter anderem ein Tool von AXA Climate, um Klimarisiken auf Asset- und Portfolio-Ebene zu analysieren. «Aber Risikokarten reichen nicht. Es geht um Dialog, Anpassung und langfristige Investitionen in Resilienz», betonte Vos.

Vom Business Continuity Plan zum Change Agent

Resilienz bedeutet heute mehr als das Absichern gegen Katastrophen. Sie umfasst auch die Fähigkeit, sich aktiv an neue Bedingungen anzupassen – strukturell, technologisch, kulturell. Besonders in Zeiten überlagerter Krisen – vom Klimawandel über geopolitische Unsicherheiten bis hin zu digitalen Umbrüchen – braucht es Führungskräfte, die über reine Risikovermeidung hinausdenken.

In der Diskussion wurde deutlich: Wer heute nur auf «Business Continuity» setzt, bleibt im Reaktiven gefangen. Es braucht Menschen, die Wandel gestalten, bevor er sie überrollt. Menschen, die bereit sind, unbequeme Fragen zu stellen, Verantwortung zu übernehmen und neue Wege zu gehen – nicht allein, sondern im Team. Denn Resilienz ist Teamsache.

«Der entscheidende Faktor ist nicht die Krise selbst, sondern wie wir ihr begegnen», fasste ein Teilnehmer der Abschlussdiskussion treffend zusammen. Und vielleicht ist genau das die zentrale Botschaft aller Geschichten von der Risk-!n Conference (11. – 13. Mai 2025): Resilienz lässt sich lernen. Sie wächst in der Vorbereitung – und zeigt sich im Moment der Wahrheit.

Binci Heeb

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