Sicherer Hafen: Wie Sinistar Schutz in Katastrophengebiete der Schweiz bringt
13 Juni, 2025 | Aktuell Allgemein
Da Naturkatastrophen in den Schweizer Alpen immer häufiger auftreten, greift ein kanadisches InsurTech-Unternehmen mit einer humanitären Lösung ein. Sinistar, eine Plattform für Notunterkünfte nach Katastrophen, kommt nun auch in die Schweiz und bietet Familien einen Ort, an den sie sich wenden können, wenn ihr Zuhause nicht mehr sicher ist.
Am Mittwochnachmittag, den 28. Mai 2025, ist das befürchtete Worst-Case-Szenario eingetreten. Tonnen von Geröll haben die Berggemeinde Blatten im Lötschental unter sich begraben. Die 300 Einwohner haben alles verloren. Ihr Zuhause, ihre Souvenirs sind weg. Was bleibt, sind lediglich Erinnerungen. Der Gletschersturz hat 90 Prozent des Dorfes unter sich begraben. Drei Millionen Kubikmeter Geröll, die auf dem Gletscher lagen, sind mit dem Eis ins Tal gedonnert. Was noch stand, wurde vom gestauten Fluss Lonza überschwemmt.
Ist die Katastrophe von Blatten eine einzigartige Tragödie?
Gletscher entstehen durch jahrzehntelangen Schneefall und enormen Druck, der Schnee zu Eis verdichtet. Sie sind die grössten Süsswasserspeicher der Erde, circa 70 Prozent des Trinkwassers sind in ihnen gebunden. Weltweit gibt es noch rund 215’000 Gletscher, doch sie schmelzen rapide.
Experten gehen davon aus, dass auch das Auftauen des Permafrosts für Gletscherabbrüche wie in Blatten verantwortlich sein kann. Der beginnt ab 3.000 Meter Höhe. Dabei diene der Frost quasi als «Kitt der Berge», welcher das geklüftete Gestein besser zusammenhalte und die obersten 15 Meter stabilisiere. Taut der Frost, ändere sich auch die Druck- und Zugfestigkeit des Gesteins, sie sinke um 20 bis 40 Prozent, womit grosse Abstürze wahrscheinlicher würden.
Wo wohnen die Menschen, wenn ihre Häuser plötzlich unbewohnbar sind?
Das kanadische Start-up Sinistar hat eine Antwort. Das InsurTech-Unternehmen arbeitet mit Versicherern zusammen, um Versicherungsnehmern nach Naturkatastrophen vorübergehend Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zu Notunterkünften oder Hotels bietet Sinistar über ein kuratiertes Netzwerk von Gastgebern kurzfristig verfügbare, möblierte und ausgestattete Wohnungen in der Nähe des Wohnortes.
Es handelt sich um ein optimiertes Modell, das den Umzug in einigen der chaotischsten Momente des Lebens vereinfacht. In der Schweiz hätte Sinistar beispielsweise in Blatten, Brienz oder Schwanden zum Einsatz kommen können, wo ganze Gemeinden vorübergehend eine Unterkunft benötigten.
Entlastung für Gäste – und Gastgeber
Das Modell von Sinistar bietet etwas Seltenes: eine Win-win-Situation für Familien und Immobilienbesitzer. Bei einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von 55 Tagen profitieren Gastgeber von stabilen Mieteinnahmen, weniger Fluktuation und geringeren Instandhaltungskosten. Denn: Die Gäste – oft selbst Hausbesitzer – behandeln die Räumlichkeiten mit Sorgfalt und Respekt.
Für Gastgeber geht es nicht nur um Geld. Es geht darum, Menschen in Krisensituationen sinnvolle Hilfe zu bieten. Und für Versicherer bedeutet es geringere Kosten, weniger Bürokratie und bessere Ergebnisse für ihre Kunden. Und: Gäste müssen weder Anzahlung, noch zusätzliche Gebühren leisten.
Ein rechtlicher und sozialer Vorteil
Im Gegensatz zu herkömmlichen Plattformen für Kurzzeitvermietungen agiert Sinistar in einer klar definierten rechtlichen Nische. Da das Unternehmen den Bereich der «Sachversicherungen» bedient, sind seine Angebote oft von den kommunalen Beschränkungen für Ferienvermietungen wie Airbnb ausgenommen. Dies verschafft Sinistar einen regulatorischen Vorteil, insbesondere in städtischen Gebieten, in denen Kurzzeitvermietungen streng kontrolliert werden.
Darüber hinaus sind Gastgeber durch die einzigartige Schadensersatzregelung ohne Fragen von Sinistar geschützt. Wenn etwas kaputt geht oder schief läuft, melden sie dies direkt an die Plattform – nicht an den Gast – und erhalten innerhalb von 48 Stunden eine Entschädigung. In Extremfällen sind eine höhere Deckungssumme und der Verzicht auf Selbstbeteiligung möglich.
Nicht nur eine weitere Plattform
Sinistar ist kein Marktplatz mit unzähligen anonymen Angeboten. Es ist eine «Gemeinschaft», die auf Vertrauen und Empathie basiert. Die Gastgeber werden nach Qualität, Professionalität und ihrer Bereitschaft ausgewählt, anderen in schwierigen Momenten zu helfen. Es ist Gastfreundschaft mit Sinn und mit Verantwortung.
Die Zukunft des Wiederaufbaus
Mit seiner Expansion in die Schweiz bringt Sinistar ein Modell mit, das Technologie, Menschlichkeit und Resilienz vereint. In einem Land, in dem die nächste Naturkatastrophe nie weit entfernt ist, bietet diese Plattform mehr als nur eine Unterkunft. Sie bietet Seelenfrieden.
Für Versicherer ist es eine innovative Möglichkeit, ihre Versprechen einzuhalten. Für Immobilienbesitzer ist es eine Chance, Geld zu verdienen und gleichzeitig Gutes zu tun. Und für diejenigen, die aus ihren Häusern vertrieben wurden, ist es eine sanfte Landung, wenn der Boden unter den Füssen wegbricht.
Binci Heeb
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