Zwischen Bergwand, Medienmacht und Kriegszone
27 Juni, 2025 | Aktuell Allgemein
Was hat Klettern mit Versicherung zu tun? Oder Kriegsjournalismus mit Risikoabschätzung? Am Jubiläum des Versicherungsverbands SVV zeigten drei ungewöhnliche Stimmen, dass Sicherheit viele Gesichter hat.
125 Jahre Schweizerischer Versicherungsverband SVV: Anlass genug, um mehr als nur Zahlen zu feiern. Das Jubiläum rückte das Thema Sicherheit in überraschende Zusammenhänge. Mit der Kletterin Nina Caprez, der NZZ-Journalistin Dr. Katharina Fontana und dem Kriegsreporter Dr. Kurt Pelda standen Menschen auf der Bühne, deren Leben und Arbeit täglich mit Risiko verbunden sind und die doch ganz unterschiedliche Vorstellungen von Sicherheit mitbrachten.
Sicherheit in der Steilwand
Für Nina Caprez, eine der profiliertesten Sportkletterinnen Europas, liegt Sicherheit nicht im Rückzug, sondern im bewussten Risiko. «Wenn ich stürze, bin ich im Moment. Das gibt mir Freiheit.» Der Absprung aus dem Wettkampfzirkus mit 20 Jahren war für sie ein Schritt in die Selbstverantwortung, hin zu den Wänden der Welt, wo mentale Stärke ebenso zählt wie physische Technik. Ihre Botschaft an die Branche: Sicherheit bedeutet nicht Stillstand, sondern Vertrauen in die eigene Vorbereitung und das Loslassen von Kontrolle.







Verantwortung statt Versprechen
Dr. Katharina Fontana, langjährige Bundeshausjournalistin, sieht die Medien in einer ähnlichen Rolle wie Versicherungen: Sie vermitteln Orientierung, oder eben Unsicherheit. «Das Vertrauen in Institutionen ist angeschlagen. Umso wichtiger ist es, dass wir transparent bleiben.» Die Freiheit der Presse sei ein Grundpfeiler demokratischer Sicherheit. Fontana warnte aber auch vor wachsender Polarisierung und schwindendem Verständnis zwischen den Generationen. «Verantwortung ist keine Altersfrage, sondern eine Haltung.»
Risiko in Reinform
Kurt Pelda kennt Risiko wie kaum ein anderer: Er hat über 25 Kriegsgebiete bereist, zuletzt die Ostukraine. Seine Schilderungen – vom improvisierten Störsender auf dem Autodach bis zur Entscheidung für Splitterschutz statt kugelsicherer Weste – machten deutlich, wie konkret Risiko werden kann. «Statistisch bin ich nicht versicherbar», sagte er trocken. Und doch verfolgt ihn ein bürokratischer Albtraum: Ein offenes Verfahren der ukrainischen Militärjustiz wegen illegalen Grenzübertritts, obwohl er mit deren Armee unterwegs war.
Mut, die Wahrheit zu sagen
Pelda sieht seine Arbeit als journalistische Pflicht: warnen, dokumentieren, aufrütteln. «Ich hoffe, dass ich mich irre, aber ich fürchte, der Krieg wird Europa nicht verschonen.» Die Sicherheit der Schweiz dürfe sich nicht in Wohlstand wiegen. Auch Fontana betonte die Bedeutung der Aufklärung in unruhigen Zeiten, und Caprez erinnerte an die Kraft des Vertrauens, das Menschen sich selbst und anderen entgegenbringen.
Sicherheit neu denken
Was bleibt von diesen drei Stimmen? Vielleicht die Erkenntnis, dass Sicherheit nicht in Normen oder Garantien liegt, sondern im Umgang mit Unsicherheit. Die Versicherungswirtschaft, das zeigte der Tag eindrücklich, muss heute mehr bieten als Policen: Sie muss zuhören, vermitteln und anpassungsfähig bleiben. Wie ein Alpinist vor einer Route, ein Reporter im Krisengebiet oder eine Journalistin im Diskurs: Nur wer offen bleibt für neue Perspektiven, kann Risiken nicht nur absichern, sondern auch gestalten.
Binci Heeb
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