Neue Hürden für Motorfahrzeug-Versicherungen: Versicherer warnen vor Mehrkosten

15 August, 2025 | Aktuell Allgemein
Neue Hürden für Kfz-Versicherungen: Garagisten müssen Zulassungsprüfung bestehen.
Neue Hürden für Kfz-Versicherungen: Garagisten müssen Zulassungsprüfung bestehen.

Ab 2026 dürfen Garagisten nur noch mit Zusatzprüfung Autoversicherungen vermitteln. Die Versicherungswirtschaft sieht in der neuen Regulierung ein teures Bürokratiemonster. Am Ende könnten die Kunden zahlen.

Ab dem 1. Januar 2026 ist Schluss mit der unkomplizierten Versicherungsvermittlung im Autohaus: Garagistinnen und Garagisten dürfen Motorfahrzeugversicherungen nur noch verkaufen, wenn sie eine Zulassungsprüfung bestanden haben. Die Umsetzung liegt bei der Finanzmarktaufsicht Finma, die Vorgaben kommen vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF). Auslöser ist die Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), die seit Anfang 2024 gilt und den Konsumentenschutz stärken soll.

Prüfpflicht: Ablauf und Kosten

Die neue VBV-Prüfung (Berufsbildungsverband der Versicherungswirtschaft) kann seit dem 19. Mai 2025 online abgelegt werden. Sie dauert rund 30 Minuten, kostet 100 CHF pro Versuch und umfasst spezifische Produktkenntnisse für Motorfahrzeugversicherungen. Wer durchfällt, zahlt erneut. (Hier geht’s zur Prüfung.)

Spezialmodul für das Automobilgewerbe

Um Mitarbeitende der Branche auf die Prüfpflicht vorzubereiten, wurde ein zweitägiges Spezialmodul entwickelt. Dieses beinhaltet gezielte Prüfungsvorbereitung und praxisnahes Fachwissen – von der Struktur und den Grundlagen der Motorfahrzeugversicherung über gesetzliche Bestimmungen und Produktspezifika bis hin zu Deckungen und Zusatzleistungen.
Themenschwerpunkte:

  • Kunden gewinnen: Ansprache von Fahrzeugkäufern, Bedarfsermittlung, Verkaufsstrategien
  • Kunden beraten: Analyse der Kundensituation, Entwicklung individueller Lösungen, Vertragsabschluss
  • Kunden binden: Unterstützung im Schadenfall, langfristige Betreuung, Serviceoptimierung
  • Rechtskenntnisse: Pflichten & Verantwortlichkeiten nach VAG, Versicherungsvertragsgesetz (VVG), Haftung und Sanktionen
  • Kundenorientierung: Empathie, Kommunikation, Qualitätssicherung, gesetzliche Vorgaben

Das Modul ist zu 100 Prozent praxisorientiert und soll sicherstellen, dass Teilnehmende nicht nur die Prüfung bestehen, sondern die Inhalte direkt im Arbeitsalltag umsetzen können.

📌 Das Wichtigste in Kürze

PflichtVBV-Prüfung ab 1. Januar 2026 für alle die Autoversicherungen vermitteln
KostenCHF 100 pro Versuch (ca. 30 Minuten)
Vorbereitung2-tägiges Spezialmodul mit Praxisbezug
AusnahmeTippgeber-Modell ohne Beratung
KritikAGVS warnt vor unnötiger Bürokratie, Mehrkosten und Wettbewerbsverlust
Ausnahme: Tippgeber-Modell

Nicht jede Form der Vermittlung fällt unter die neue Prüfpflicht: Wer lediglich Kontaktdaten an Versicherer weitergibt, ohne Beratung oder Angebot, kann weiter ohne Zulassung arbeiten. Allerdings entfällt damit für Autohäuser die Möglichkeit, Kunden sofort beim Autokauf ein vollständiges Versicherungsangebot zu machen.

Versicherungswirtschaft kritisiert «Überregulierung»

Für die Versicherungsbranche ist die Vermittlung im Autohaus ein etabliertes Geschäftsmodell. Der Auto Gewerbe Verband Schweiz (AGVS) spricht von einer «unverhältnismässigen» und «willkürlichen» Massnahme, die keinerlei belegte Missbrauchsfälle adressiert. Selbst langjährige, erfahrene Verkäufer müssen die Prüfung bestehen.

Teure Folgen für Konsumenten

Laut AGVS führt die Prüfpflicht durch Schulungen, Verwaltungsaufwand und Prüfungskosten zu jährlichen Mehrkosten in Millionenhöhe. Diese Ausgaben würden unweigerlich auf Versicherungsprämien oder Fahrzeugpreise umgelegt. Gleichzeitig werde der Wettbewerb eingeschränkt: Künftig agieren Garagisten in der Regel als gebundene Vermittler für einen einzigen Versicherer, Vergleichsangebote entfallen.

Branche sucht Entschärfungen

Um die Auswirkungen zu mindern, steht der AGVS mit dem VBV im Austausch, um Prüfungsinhalte zu verschlanken und Durchfallquoten zu senken. Ziel ist, den Aufwand bis Ende 2025 zu reduzieren.

Binci Heeb

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Tags: #Konsumentenschutz #Mehrkosten #Motorfahrzeug-Versicherung #Regulierung #Zusatzprüfung