Swiss Re setzt Standards für Anti-Aging-Pillen

14 August, 2025 | Aktuell Allgemein
Swiss Re setzt Standards für Anti-Aging-Pillen.
Swiss Re setzt Standards für Anti-Aging-Pillen.


Der Rückversicherer Swiss Re hat erstmals Leitlinien für sogenannte Langlebigkeits-Medikamente veröffentlicht. Die Vorgaben betreffen Wirkstoffe wie Metformin und Rapamycin. Es handelt sich um Substanzen mit medizinischer Vorgeschichte, die nun als mögliche Schlüssel zu einem längeren Leben gehandelt werden.

Pillen gegen das Altern: was lange nach Science-Fiction klang, drängt nun in den medizinischen und finanziellen Mainstream. Mit seinen Leitlinien zu Langlebigkeits-Medikamenten schaltet sich Swiss Re in eine Debatte ein, die weit über Forschungslabore hinausreicht. Es geht um Chancen, Risiken und die Frage, ob wir bereit sind, das Geschäft mit der Zeit zu regulieren.

Von der Therapie zum Anti-Aging-Trend

Metformin wurde ursprünglich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt. Heute gilt der Wirkstoff als Hoffnungsträger im Kampf gegen altersbedingte Krankheiten. Forschende untersuchen, ob er den Alterungsprozess, unter anderem durch eine verbesserte Insulinsensitivität, die Reduzierung von Entzündungen und positive Effekte auf den Stoffwechsel, verlangsamen kann.

Rapamycin wiederum hat seinen Ursprung in der Transplantationsmedizin. Als Immunsuppressivum sollte es Abstossungsreaktionen verhindern. In Tierversuchen hat der Wirkstoff jedoch auch gezeigt, dass er die Lebensspanne verlängern kann. Es wird vermutet, indem er den mTOR-Signalweg beeinflusst, der für Zellwachstum und -alterung entscheidend ist.

Was unter «Langlebigkeits-Medikamenten» fällt

Der Begriff umfasst ein wachsendes Spektrum an Substanzen, die entweder in der Grundlagenforschung oder bereits in klinischen Studien auf ihre Anti-Aging-Wirkung getestet werden. Neben Metformin und Rapamycin zählen dazu unter anderem:

  • NAD⁺-Vorstufen wie Nicotinamid-Mononukleotid (NMN) oder Nicotinamid-Ribosid, die die zelluläre Energieproduktion unterstützen sollen.
  • Senolytika, die gezielt alternde («seneszente») Zellen abbauen und so Entzündungen reduzieren könnten.
  • Sirtuin-Aktivatoren wie Resveratrol, ein Stoff, der unter anderem in Rotwein vorkommt und in Studien eine Rolle bei der Regulation von Alterungsprozessen spielt.

Viele dieser Präparate befinden sich noch im experimentellen Stadium. Dennoch werden sie, oft Off-Label, bereits von Ärzten verschrieben oder über den grauen Markt bezogen.

Milliardenmarkt mit vielen Unbekannten

Die Forschung zur «Longevity Medicine» hat sich in den vergangenen zehn Jahren rasant entwickelt. Risikokapital fliesst in Startups, die Anti-Aging-Strategien verfolgen, und grosse Pharmaunternehmen beginnen, das Feld systematisch zu besetzen. Schätzungen zufolge könnte der Markt für Langlebigkeits-Therapien bis 2030 ein Volumen von mehreren hundert Milliarden Dollar erreichen.

Gleichzeitig warnen Experten vor voreiligen Hoffnungen: Die meisten Wirkstoffe sind noch nicht für den Anti-Aging-Einsatz zugelassen. Langfristige Daten zu Sicherheit, Wirksamkeit und Nebenwirkungen fehlen.

Swiss Res Motivation

Mit den neuen Leitlinien will Swiss Re einen einheitlichen Rahmen schaffen, um das medizinische und versicherungstechnische Risiko solcher Präparate zu bewerten. Für Versicherer steht nicht nur die Frage im Raum, ob diese Medikamente tatsächlich das Leben verlängern, sondern auch, ob sie neue Gesundheitsrisiken bergen könnten, und wie sich beides auf Prämien und Leistungsmodelle auswirkt.

«Je populärer diese Substanzen werden, desto wichtiger ist es, ihre Auswirkungen auf Gesundheit, Lebenserwartung und Kosten realistisch einzuschätzen», so ein Sprecher von Swiss Re.

Gesellschaftliche und ethische Fragen

Sollten Langlebigkeits-Medikamente tatsächlich wirken, stellt sich die Frage nach dem Zugang: Werden sie zum Lifestyle-Produkt für Wohlhabende, oder zur kassenfinanzierten Prävention für alle? Eine ungleiche Verteilung könnte bestehende soziale Unterschiede verschärfen: Wer es sich leisten kann, bleibt länger gesund und produktiv. Wer nicht, altert schneller. Zudem warnen Ethiker, dass eine massive Lebensverlängerung nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche Konsequenzen hätte. Von Rentensystemen über Arbeitsmärkte bis hin zu Fragen nach Sinn und Qualität eines sehr langen Lebens.

Was sind Langlebigkeits-Medikamente?

Langlebigkeits-Medikamente, oft als «Longevity Drugs» bezeichnet, sind Substanzen, die das biologische Altern verlangsamen oder altersbedingte Krankheiten hinauszögern sollen. Sie unterscheiden sich von klassischen Medikamenten dadurch, dass sie nicht primär eine akute Krankheit behandeln, sondern präventiv wirken. Die Forschung konzentriert sich auf Mechanismen wie:

  • Zellschutz (z. B. antioxidative Effekte)
  • Verzögerung der Zellalterung (Seneszenz)
  • Optimierung des Stoffwechsels
  • Modulation von Entzündungsprozessen

Ob daraus tatsächlich ein verlässlicher Weg zu einem längeren, gesünderen Leben wird, ist derzeit noch offen.

Binci Heeb

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