«Der Broker wird zum unternehmerischen Risikomanager für KMU»
29 August, 2025 | Aktuell Allgemein Interviews
Risikomanagement galt lange als Pflichtübung, gerade für KMU. Doch mit zunehmender Komplexität und steigenden Unsicherheiten, bzw. Risiken wird es zur Überlebensfrage. Marco La Bella, Managing Partner von La Bella Consulting, berät seit Jahren Versicherungen, Krankenkassen, Pensionskassen und Broker. Seine Softwarelösung riskAware verspricht «maximale Sicherheit bei minimalem Aufwand» und das auf Augenhöhe mit digitalen Anforderungen.
Im Gespräch mit thebrokernews erklärt Marco La Bella, warum klassische Versicherungsberatung allein nicht mehr ausreicht, wie sich der Beruf des Brokers wandelt und weshalb Beratung mehr sein muss als Produktevergleiche, Kundenbetreuung und Schadenbegleitung.
Herr La Bella, Sie sprechen auf Ihrer Wvon «maximaler Sicherheit bei schlankem Risikomanagement». Was bedeutet das konkret für KMU in der Schweiz?
Für KMU heisst das: Risikomanagement soll nicht kompliziert und teuer sein, sondern einfach, wirksam und bezahlbar. riskAware ist genau dafür gemacht – fachlich korrekt, systematisch und schlank in der Anwendung. KMU wollen keine starren Tools oder Lizenzmodelle für mehrere Tausend Franken. Sie brauchen ein Instrument, das Sicherheit gibt, ohne zusätzlichen Aufwand zu erzeugen. Genau hier setzen wir an.
Wie funktioniert Ihre Softwarelösung riskAware und wie unterscheidet sie sich von herkömmlichen Risikomanagement-Tools?
Bei uns steht nicht das Tool im Vordergrund, sondern das Tun. riskAware ist bewusst für KMU entwickelt: einfach, intuitiv und ohne komplizierte Handbücher. Entscheidend ist, dass Risikomanagement nicht als einmalige Pflichtübung verstanden wird, sondern als kontinuierlicher Prozess. Deshalb bieten wir ein einfaches Abo-Modell, in dem Software und Beratung zusammengehören. Jedes Jahr führen wir mit dem Kunden und dem Broker gemeinsam einen sogenannten Risikodialog durch – so bleibt das Thema lebendig und bringt echten Nutzen. Die Risikoawareness des KMU erhöht sich dadurch step-by-step.
Welche typischen Schwachstellen sehen Sie bei KMU, wenn es um das Risikomanagement geht?
Die grösste Schwachstelle ist simpel: Viele KMU setzen dies statisch oder nur unregelmässig um. Es gibt unterschiedliche Wege, Risikomanagement zu betreiben – entscheidend ist in einem ersten Schritt nicht die Methode, sondern die kontinuierliche Umsetzung. Wer Risiken ignoriert, handelt fahrlässig und gefährdet im schlimmsten Fall die Zukunft seines Unternehmens. Beispiel Cyber: kein KMU ist sicher vor einem Cyberangriff. Und wer sich nicht mit Risiken auseinandersetzt, verschenkt auch Chancen! Risiko-Management ist eben auch Chancen-Management.
Wie stark ist das Risikobewusstsein bei Schweizer KMU Ihrer Erfahrung nach und verändert sich dieses gerade?
Das Risikobewusstsein ist bei vielen KMU schwach ausgeprägt. Es gilt oft als lästige Nebenaufgabe, nicht als strategisches Thema. Dabei geht es im Kern um die Krisenresistenz und Überlebensfähigkeit der Unternehmung. Zudem haftet der Verwaltungsrat gemäss OR 716a für absichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten. Risikomanagement ist Chefsache. Die grossen Ereignisse der letzten Jahre – Corona, Kriege, wirtschaftliche Umwälzungen – haben gezeigt, dass unsere Welt nicht mehr konstant, bzw. unberechenbarer ist. Risikomanagement bedeutet, in Risiken, Szenarien, Chancen und Umsetzungsmassnahmen zu denken.
Welche Rolle spielen Versicherungsbroker heute noch in einer Zeit, in der digitale Tools und Plattformen viele klassische Aufgaben übernehmen können?
Die Rolle des Brokers ist heute wichtiger denn je. Ein Broker kann sich mit riskAware zusätzlich als Risikoberater positionieren. In einem ständig wechselnden Umfeld ist er bereits heute der Risiko-Begleiter des Unternehmers. Digitale Tools unterstützen Broker und KMU bei dieser Aufgabe.
Wie verändert sich das Berufsbild des Versicherungsbrokers durch Digitalisierung und Automatisierung? Wird er zum Risikocoach oder ist er wie ein Hausarzt?
Er ist sozusagen beides: Risikoberater und «Hausarzt»: die erste Ansprechperson, der Trusted Advisor, dem man vertraut in Sachen Umgang mit unternehmerischen Risiken. Digitalisierung und Automatisierung nehmen ihm Routineaufgaben ab – dadurch bleibt mehr Zeit für das Wesentliche: den Unternehmer begleiten, Risiken einordnen, Handlungsoptionen aufzeigen und Entscheidungen absichern. Genau darin liegt die tolle Zukunft des Berufs.
Ist der Courtagegedanke vorbei?
Nein, die Zeit der Courtage ist nicht vorbei. Aber es wäre riskant, ausschliesslich darauf zu setzen. Broker sollten sich frühzeitig auch andere Abrechnungsmodelle vorbereiten. Ein möglicher erster Schritt wäre, einzelne Services auf Honorarbasis abzurechnen und diese mit der Courtage zu verrechnen. So entsteht mehr Flexibilität – und der Kunde spürt, dass gute Beratung einen eigenständigen Wert hat.
Glauben Sie, dass Broker künftig stärker strategisch beraten müssen, anstatt nur Produktevergleiche, Kundenbetreuung und Schadenbegleitung anzubieten?
Ich würde weniger von strategischer Beratung sprechen, sondern von betriebswirtschaftlicher Beratung. Es geht darum, den Kunden aus seiner Sicht zu begleiten – also Risiken erkennen, bewerten und gemeinsam im Gespräch die richtigen Massnahmen abzuleiten. Broker haben die grosse Chance, den gesamten Risikoprozess zu unterstützen, nicht nur die Überwälzung via Versicherung.
Gibt es ein aktuelles Projekt oder eine Entwicklung bei La Bella Consulting, das Sie besonders begeistert?
Mich begeistert derzeit, wie wir mit unserem Produkt riskAware verschiedene Unternehmensbroker unterstützen dürfen, die Risiken ihrer Kunden klar zu erkennen und damit fundierte Entscheidungen zu treffen. Unternehmen werden so resilienter in Krisensituationen. Jeder Broker entscheidet selbst, ob er riskAware als neutrales Drittprodukt oder als Whitelabel-Produkt einsetzen möchte. Das Teaming zwischen uns und dem Broker funktioniert ausgezeichnet.
Wie gehen Sie bei La Bella Consulting grundsätzlich an eine Risikoanalyse heran? Gibt es ein spezifisches Vorgehensmodell dahinter?
Im Zentrum steht der Risikodialog. Wir gehen mit dem Unternehmer strukturiert in vier Schritten vor: Risiken identifizieren, analysieren, bewerten und schliesslich geeignete Umsetzungsmassnahmen definieren. Das bleibt bewusst einfach, pragmatisch und fachlich korrekt – damit Risikomanagement nicht Theorie bleibt, sondern konkret umgesetzt wird. Der Zeitaufwand ist überschaubar und die jährlichen Abo-Kosten sind KMU-tauglich.
Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz bei Ihrem Tool im modernen Risikomanagement?
Wir nutzen KI, um branchenspezifische Risikokataloge zu erstellen und aktuell zu halten. Diese dienen als Grundlage für den Risikodialog mit dem Kunden, wo wir die Inhalte gemeinsam prüfen, anpassen und konkretisieren. So verbinden wir KI-Effizienz mit der nötigen individuellen Beratung.
Sie bieten eine Boutique-Beratung an, was unterscheidet Sie damit vom klassischen Beratungsansatz grosser Consulting-Firmen?
Wir arbeiten nicht für den Kunden, sondern mit ihm. Unser Ansatz ist partnerschaftlich und auf Augenhöhe. Wir entwickeln Lösungen gemeinsam – pragmatisch, umsetzbar und direkt im Alltag verankert.
Was wünschen Sie sich von Brokern und Kunden, damit Risikomanagement in Zukunft wirksamer und verantwortungsvoller wird?
Für Broker sehen wir aktuell eine grosse Chance im Risikomanagement für KMU. Sie können damit KMU noch stärker dabei unterstützen, mit Risiken proaktiv umzugehen. Kunden gewichten zunehmend, dass Risikomanagement eine zentrale unternehmerische Verantwortung ist. Dabei unterstützt riskAware Broker und KMU.
Risikomanagement ist ein zentrales Element unternehmerischer Resilienz, ganz besonders für KMU, die weder Ressourcen noch Zeit verschwenden können. Marco La Bella plädiert für ein neues Rollenverständnis: weg von der isolierten Produktoptimierung, hin zum unternehmerischen Risikomanagement. Die Zukunft des Brokers ist unternehmerisch beratend, digital unterstützt und entscheidend für die Stabilität von Unternehmen guten und schlechten Zeiten.
Das Interview führte Binci Heeb, Chefredaktorin.
Marco La Bella absolvierte eine Versicherungslehre bei der Basler Versicherung, später ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Chur sowie von 1997 – 2002 die Ausbildung zum Versicherungs-Fachexperten im Bereich Personenversicherung. Am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen absolvierte er von 2003 – 2004 den Executive MBA mit Fokus Business Engineering. Nach diversen Führungsfunktionen in der Versicherungsbranche stieg er 2001 in die Unternehmensberatung ein, wo er zunächst als Senior Manager Financial Services bei KPMG/BearingPoint Schweiz AG (2001 – 2006), später als Head Financial Services Schweiz bei Capgemini (2006 – 2010) tätig war. Nach einer kurzen Tätigkeit als Chief Operating Officer bei der Wilhelm-Gruppe Zürich (2011) machte er sich als Unternehmensberater selbständig und baut seither die Firma La Bella Consulting AG, eine Beratungsboutique mit Fokus auf Projekte in der Versicherungsbranche, auf. Neben seiner beruflichen Tätigkeit ist Marco La Bella aktiver Verwaltungsrat und amtet als nebenamtlicher Handelsrichter für Versicherungen am Handelsgericht des Kantons Zürich.
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