Future of Health Grant Conference: Prävention als neues Paradigma

22 September, 2025 | Aktuell Allgemein
Future of Health Grant Conference: V.l.n.r.: Brijesh Luthra (SIH), Karin Tremp (Boston Consulting Group), Patrick Griss (Zühlke Ventures) und Manuel Römer (Exploris Health).
Future of Health Grant Conference: V.l.n.r.: Brijesh Luthra (SIH), Karin Tremp (Boston Consulting Group), Patrick Griss (Zühlke Ventures) und Manuel Römer (Exploris Health).

Ein wiederkehrendes Thema bei der Veranstaltung in Zürich war die Prävention. Die Diskussionsteilnehmer stellten fest, dass Gesundheitssysteme und Versicherer am meisten davon profitieren, wenn Krankheiten frühzeitig erkannt oder ganz verhindert werden.

Patrick Griss, Partner bei der Zühlke Group, fasste diesen Wandel prägnant zusammen: «Personalisierung ermöglicht es uns, Krankheiten zu erkennen, bevor sie ausbrechen und bevor sie kostspielig werden. Für Versicherer ist dies ein klarer Anreiz. Für Patienten bedeutet es eine bessere Lebensqualität.»

Dieser präventive Ansatz zeigt sich in Start-ups wie BoneScreen, das KI einsetzt, um routinemässige CT- und MRT-Scans auf frühe Anzeichen chronischer Erkrankungen zu analysieren, von Osteoporose bis hin zu Herz-Kreislauf-Risiken. Wie Mitbegründer und CEO Anjany Sekuboyina erklärte, sind diese Erkenntnisse oft in den Bildern verborgen, werden aber von Ärzten nie aufgezeichnet, da sie ausserhalb der unmittelbaren diagnostischen Fragestellung liegen. Durch die Erschliessung dieser Daten will BoneScreen personalisierte Risikoberichte liefern, die kritische Ereignisse nicht nur diagnostizieren, sondern auch vorhersagen.

Datenbereitschaft: das fehlende Glied

Trotz der Begeisterung räumten die Referenten ein, dass die Schweiz und Europa nach wie vor mit strukturellen Hürden zu kämpfen haben. Luana Eroles, Head of Vision bei S360, betonte die Bedeutung der Dateninfrastruktur: «KI ist nicht der Anfang – sie ist die Mitte. Ohne gute Datenstrukturen und semantische Klarheit können wir keine qualitativ hochwertigen Innovationen schaffen.»

Ihre Botschaft schloss sich Prof. Olivier Michielins Forderung nach interoperablen Datenlagern an. Personalisierte Gesundheit erfordert nicht nur neue Technologien, sondern auch die kulturelle und institutionelle Bereitschaft, Daten verantwortungsbewusst über Krankenhäuser, Versicherer und Landesgrenzen hinweg auszutauschen.

Finanzierung der Zukunft

Die Finanzierung war eine weitere ungelöste Frage. Während Schweizer Versicherer wie die CSS Pilotprojekte unterstützen, bleibt die langfristige Wirtschaftlichkeit der personalisierten Gesundheit komplex. Philomena Colatrella, CEO der CSS, unterstrich die Notwendigkeit tragfähiger Geschäftsmodelle, die Prävention und Kostenerstattung in Einklang bringen. Startups müssten nicht nur die klinische Wirksamkeit, sondern auch einen klaren wirtschaftlichen Wert für Versicherer und Gesundheitsdienstleister nachweisen.

Über die Medizin hinaus: Gedeihen als Ziel

Interessanterweise ging das Gespräch auch über die klinischen und finanziellen Aspekte hinaus. Eroles stellte das Konzept des «menschlichen Gedeihens» als Zukunftsvision für die Gesundheit vor: nicht nur Krankheiten vorbeugen, sondern Menschen aktiv in die Lage versetzen, körperlich, geistig und sozial zu gedeihen. Diese breitere Sichtweise könnte neu definieren, was personalisierte Gesundheit in den kommenden Jahrzehnten bedeutet.

Der Wettbewerbsvorteil der Schweiz

Was die Schweiz in diesem Bereich auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, weltklasse Forschung, starke Versicherer und ein dynamisches Startup-Ökosystem zu kombinieren. Programme wie der Future of Health Grant und der Swiss Insurtech Hub sollen diese Akteure miteinander verbinden und eine Testumgebung für Innovationen schaffen, die später in ganz Europa skaliert werden können.

Prof. Michielin fasste zusammen: «Wir sind fest davon überzeugt, dass eine bessere Patientenauswahl und eine bessere Behandlungszuweisung der Schlüssel zum Erfolg sein werden. Mit Datensystemen, die wir mit KI abfragen können, werden wir die Messlatte noch ein Stück höher legen können.»

Eine Revolution ist im Gange

Personalisierte Gesundheit ist kein futuristischer Slogan mehr. Von der digitalen Pathologie in Genf bis hin zu KI-gestützten Wearables in Zürich nehmen die Bausteine eines patientenzentrierten Gesundheitssystems Gestalt an. Der Weg dorthin ist jedoch komplex: Der Erfolg hängt von einer robusten Dateninfrastruktur, einer nachhaltigen Finanzierung und vor allem vom Vertrauen zwischen Patienten, Anbietern und Versicherern ab.

Wenn die Konferenz in Zürich eines gezeigt hat, dann dass die Zukunft der Gesundheit in der Zusammenarbeit liegt. Personalisierte Medizin ist nicht allein die Domäne von Ärzten oder Algorithmenm sie ist ein gemeinsames Projekt von Forschern, Patienten, Start-ups und Versicherern. Und obwohl noch viele Fragen offen sind, ist die Richtung klar: Das Gesundheitswesen wird persönlicher, präventiver und letztlich menschlicher.

Binci Heeb

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