Blockchain im Asset Management: Generali Frankreich digitalisiert und spart Zeit, Geld und Nerven
7 Oktober, 2025 | Aktuell Allgemein
Blockchain galt lange als Buzzword. Faszinierend, aber ohne echten Nutzen im Tagesgeschäft von Versicherern. Das ändert sich gerade: Generali Frankreich hat gezeigt, wie sich die Technologie im Asset Management gewinnbringend einsetzen lässt. Der Schlüssel: klare Regulierung, ein gemeinsames Ökosystem und ein Fokus auf Effizienz statt Hype.
Anwendungen für Blockchain in der Versicherungsbranche wurden lange gesucht. Das ändert sich nun: In Frankreich hat Generali seine Fonds-Transaktionen auf die Blockchain-basierte Plattform IZNES verlagert. Ziel ist es, Prozesse zu beschleunigen, Kosten zu senken und mehr Transparenz zu schaffen.
«Wir wollten eine Lösung, die nicht nur technisch spannend ist, sondern regulatorisch funktioniert und echte Effizienzvorteile bringt», erklärte Rémi Cuinat, Direktor und Leiter der Unit-Linked Assets bei Generali France, beim InsurTech Breakfast von House of Insurtech Switzerland (HITS).
Rechtlicher Durchbruch als Startsignal
Ein entscheidender Schritt war ein Gesetz aus dem Jahr 2017 (Loi Sapin II), das Blockchain-Systeme Banken gleichstellt, wenn es um die Eigentumsdokumentation von Finanzinstrumenten geht. Damit durfte eine Blockchain erstmals als rechtlich anerkannte Verwahrstelle für Fondsanteile dienen und wurde zum Gamechanger für die Branche.
2018 wurde auf dieser Grundlage die Plattform IZNES gegründet: eine private, regulierte Blockchain-Infrastruktur, die Versicherer und Asset Manager direkt miteinander verbindet. Anstatt Bestellungen über mehrere Banken, Transferstellen und Zentralverwahrer zu leiten, erfolgt die Abwicklung nun Peer-to-Peer: schnell, transparent und revisionssicher.
Weniger Zwischenstationen, mehr Tempo
In der klassischen Fondsabwicklung durchlaufen Kauf- und Verkaufsaufträge eine Kette von Intermediären: Depotbanken, zentrale Abwicklungsstellen und Transferagenten. Jeder Schritt kostet Zeit und Gebühren.
Mit IZNES sendet Generali die Orders direkt, in Echtzeit und bis kurz vor Fonds-Cutoff an den Asset Manager. «Unsere Teams gewinnen täglich bis zu 90 Minuten Zeit. Bei über 2.000 Orders pro Tag ist das ein echter Effizienzhebel», betont Cuinat.
Auch die Datenverwaltung wurde neu gedacht: Kurs- und Fondsinformationen werden automatisch über die Blockchain synchronisiert. Dadurch entfallen Kosten für externe Datenprovider, da öffentlich verfügbare Informationen direkt genutzt werden.
KYC, Sicherheit und Kostenvorteile
Ein weiterer Vorteil liegt im «Know Your Customer» (KYC)-Prozess. Statt hunderte Formulare manuell auszutauschen, können Versicherer ihre KYC-Daten einmal zentral hinterlegen und für alle Geschäftspartner freigeben.
Die Blockchain ersetzt damit viele aufwendige Compliance-Schritte. Dazu kommen niedrigere Verwahr- und Transaktionskosten: Generali France spart jährlich rund eine Million Euro, indem 20 Prozent der Unit-Linked-Assets inzwischen über IZNES abgewickelt werden.
Digitales Geld als nächster Schritt
Der nächste Evolutionsschritt betrifft den Zahlungsverkehr. Generali hat gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank und der Banque de France getestet, Fondsanteile mit digitalen Zentralbankwährungen abzurechnen. Damit liessen sich Wertpapierlieferung und Zahlung in Echtzeit synchronisieren und entspricht dem Prozess, der im klassischen System mehrere Tage dauert.
«Das ist für uns die logische Weiterentwicklung», sagt Rémi Cuinat. «Wenn Token für Wertpapiere und Token für Geld im selben Blockchain-Raum existieren, kann man sofort tauschen. Das verändert die Finanzlogistik grundlegend.»
Vom Experiment zur industriellen Nutzung
Blockchain ist, zumindest bei Generali Frankreich, im Asset Management angekommen. Die Plattform IZNES wird heute von 60 Asset Managern und 20 institutionellen Investoren täglich genutzt, das Volumen liegt bei rund 13 Milliarden Euro.
Statt auf technologische Visionen zu setzen, hat Generali konsequent rechtliche, regulatorische und operative Voraussetzungen geschaffen und so ein funktionierendes Ökosystem aufgebaut.
Binci Heeb
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