Broker im Umbruch – Wie Vertrauen, Technik und Sichtbarkeit das Geschäft verändern

4 Juli, 2025 | Aktuell Allgemein
Broker im Umbruch: Von Digitalisierung und KI zu LinkedIn und Glacé bei 38°C.
Broker im Umbruch: Von Digitalisierung und KI zu LinkedIn und Glacé bei 38°C. Foto: Markus Forte.

Dass die Versicherungswelt vor einem tiefgreifenden Wandel steht, bestätigte das fünfte Versicherungsbroker Forum 2025 der Finanz und Wirtschaft in Rüschlikon. Zwischen Regulierungsdruck, digitalem Fortschritt, künstlicher Intelligenz und wachsender Skepsis gegenüber traditionellen Vergütungsmodellen muss sich das Brokertum neu erfinden. Die Zukunft gehört jenen, die Transparenz schaffen, Prozesse intelligent digitalisieren und sichtbar werden.

Kaum ein Thema bewegt die Branche derzeit so sehr wie die Diskussion um Courtagen. Deren Kritiker bezeichnen das Provisionsmodell als intransparent und systemisch unfair, weil oft nicht klar ist, wer zahlt und wofür. Viele Broker hingegen verteidigen die Courtage als praxistaugliches Modell, insbesondere für kleinere Unternehmen. Internationale Erfahrungen zeigen: Wo Courtagen verboten wurden, wie in England oder den Niederlanden, ging die Beratungsdichte massiv zurück. Gerade KMU konnten sich Honorarmodelle oft nicht leisten. Der Schweizer Markt scheint sich seiner Realität bewusster: Eine detaillierte Abrechnung und Offenlegung der Vergütung schaffen Vertrauen. Und das braucht es mehr denn je.

V.l.n.r.: Der Moderator des Tages, Jonathan Raboud (FuW), sprach mit Laetitia Raboud (Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BV, Nico Fiore (inter-pension), Dr. Peter Schnider (SIBA), Urs Arbter (SVV), befragte die Runde, wie es weitergehen soll mit der Courtage in der beruflichen Vorsorge.
V.l.n.r.: Der Moderator des Tages, Jonathan Raboud (FuW), sprach mit Laetitia Raboud (Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BV, Nico Fiore (inter-pension), Dr. Peter Schnider (SIBA), Urs Arbter (SVV), befragte die Runde, wie es weitergehen soll mit der Courtage in der beruflichen Vorsorge.

Digitalisierung: Von Prozess zu Prozesskette

Daten gelten auch in der Versicherungsindustrie als neuer Rohstoff. Doch Digitalisierung bedeutet nicht einfach, PDFs zu scannen oder Chatbots einzusetzen. Sie verlangt strukturierte, standardisierte Prozesse. Plattformen wie EcoHub machen es vor: Ohne Medienbrüche ermöglichen sie die durchgängige Abwicklung von Offerten, Policen, Prämienrechnungen und Courtagen über Unternehmensgrenzen hinweg. Doch noch ist die Branche digital träge. Die Technik existiert, aber sie muss konsequent implementiert werden. Wer den Anschluss nicht verpassen will, muss Prozesse ganzheitlich als Kette und nicht als Einzelbaustein denken.

Künstliche Intelligenz: Detektiv im System

KI hilft nicht nur beim Formulieren von E-Mails, sie wird zunehmend zu einem Werkzeug gegen Versicherungsbetrug. In der Betrugsprävention sind Algorithmen heute in der Lage, komplexe Muster in Unfallmeldungen oder Schadenfällen zu erkennen. Wenn vier Fahrzeuge denselben Schaden auf dieselbe Art an derselben Stelle melden, schlägt das System Alarm. Doch Technik allein reicht nicht. Es braucht auch erfahrene Profis mit dem nötigen Bauchgefühl, um Verdachtsmomente zu prüfen, mitunter auch, um Bedrohungen auszuhalten. Betrugsbekämpfung bleibt ein hochsensibler Bereich, in dem Mensch und Maschine Hand in Hand arbeiten müssen.

KI in der Beratung: Unterstützung statt Ersatz

Viele befürchten, dass KI den klassischen Broker überflüssig macht. Doch diese Sorge scheint unbegründet. Vielmehr wird künstliche Intelligenz zur hilfreichen Begleiterin im Alltag. Sie fasst Informationen zusammen, analysiert Daten, entwirrt komplexe Policen und schafft Raum für das, was der Algorithmus nicht kann: Beziehung ist hier das Zauberwort. Beratung bleibt ein Geschäft der Menschen. Wer KI klug einsetzt, stärkt seine Expertise, nicht seine Ersetzbarkeit.

Social Media: Sichtbarkeit schafft Vertrauen

Während heutzutage die Konkurrenz wächst, sinkt die Aufmerksamkeitsspanne. Genau hier wird digitale Sichtbarkeit zum Überlebensfaktor. «Likes zahlen keine Rechnungen, aber Leads tun es» sagt Personal Branding-Expertin Selma Kuyas. LinkedIn ist dabei mehr als eine Plattform. Im Gegenteil es ist Bühne, Netzwerk und Schaufenster. Wer dort mit Expertise, Persönlichkeit und Relevanz sichtbar ist, wird gefunden – und gebucht. Besonders für Broker, die oft mit Vorurteilen zu kämpfen haben, bietet die eigene Präsenz im Netz die Chance, Vertrauen aufzubauen und Nähe zu schaffen.

Wie man von Likes to Leads kommt, erfuhren die Anwesenden durch Selma Kuyas. Mit Unterstützung von Profond lernte man, wie Broker Social Media (LinkedIn) profitabel nutzen können.
Wie man von Likes to Leads kommt, erfuhren die Anwesenden durch Selma Kuyas. Mit Unterstützung von Profond lernte man, wie Broker Social Media (LinkedIn) profitabel nutzen können. Foto: Markus Forte.

Das Brokertum steht vor einem strukturellen Wandel. Neue gesetzliche Anforderungen, technologische Möglichkeiten und veränderte Kundenerwartungen zwingen die Branche zur Neupositionierung. Gefordert sind Transparenz bei der Vergütung, Prozessintelligenz in der Technik, Mut zur digitalen Sichtbarkeit, und ein klares Selbstverständnis. Der Broker von morgen ist nicht nur Vermittler. Er oder sie ist Berater, Datenmanager, Kommunikationsprofi. Dabei bleibt er vor allem eines: ein Mensch im Zentrum eines immer komplexeren Systems.

Der zweite Teil der Berichterstattung über das Versicherungsbroker Forum 2025 folgt am Montag, 7. Juli 2025.

Binci Heeb

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