Burnout vorbeugen statt behandeln – Wie Helsana mentale Gesundheit neu denkt
19 Mai, 2025 | Aktuell Allgemein Interviews
Die Helsana hat anlässlich ihrer Jahresmedienkonferenz Anfang März 2025 ihre neue Strategie «Gesundheit lebenslang absichern» präsentiert. Um sich an gesellschaftliche Veränderungen und Bedürfnisse anzupassen, fokussiert sie dabei auch auf das Thema Mental Health.
Über die Gründe spricht thebrokernews mit Roman Sonderegger, CEO von Helsana, anlässlich der Future Health Basel Konferenz 2025.
Weshalb hat sich die Helsana entschieden, sich auch dem Thema «Mental Health» zu widmen?
Mentale Gesundheit gehört zu den zentralen Zukunftsthemen im Gesundheitswesen. Dies zeigen wissenschaftliche Studien und auch unsere eigenen Zahlen, zum Beispiel beim Krankentagegeld, bei dem der Anteil der psychischen Erkrankungen an den Gesamtkosten innert fünf Jahren von 20 auf fast 30 Prozent anstieg. Unser Anspruch ist es, bei solchen Zukunftsthemen unsere Kundinnen und Kunden als führender Krankenversicherer unterstützen zu können.
Anlässlich der FutureHealth Basel wurde unter anderem besprochen, wie Unternehmen mentale Gesundheit fördern können. Was tut Helsana in diesem Bereich?
Mentale Gesundheit ist tatsächlich schon seit einigen Jahren ein zentrales Thema bei uns. Wir sensibilisieren die Mitarbeitenden für das Thema an sich und für die Prävention. Wir haben Angebote für Kolleginnen und Kollegen, die konkrete Unterstützung suchen. Und wir schulen – das finde ich besonders wichtig – gezielt die Führungspersonen, damit sie sich der Problematik bewusst sind und auf Signale bei den Mitarbeitenden reagieren können.
Der körperlich-geistige Erschöpfungszustand «Burnout» zeichnet sich durch emotionale Erschöpfung, Entfremdung von sich selbst und anderen und deutlichem Leistungsabfall aus. Wie gewährleistet Helsana, dass es gar nicht erst dazu kommt?
Gewährleisten können wir das leider nicht. Da geht es uns nicht anders als anderen Arbeitgebern. Aber ich teile den Gedanken, dass wir zumindest alles versuchen sollten, um akute Fälle von Erschöpfung und Burnout zu vermeiden, mit Information, mit Prävention und mit niederschwelliger und frühzeitiger Unterstützung. Denn ist das Burnout einmal da, dann ist der Weg zurück oft lang und schwer. In erster Linie für die betroffene Person, oft aber auch mit Auswirkungen für die Familie und für die Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz.
Psychische Erkrankungen verursachen hohe direkte und indirekte Kosten (z. B. Ausfalltage, Frühpensionierungen, IV). Wie bewerten Sie als Krankenversicherung die Wirtschaftlichkeit von Investitionen in Prävention und Frühintervention?
Ich könnte hier keine Zahlen liefern, bin aber überzeugt, dass sich auf die lange Sicht nicht nur die HR-Chefin eines Unternehmens für Investitionen in die Prävention ausspricht, sondern auch die Finanzchefin, denn die Kosten bei Ausfällen nehmen wirklich drastisch zu.
thebrokernews hat ein Interview mit einer an Depression erkrankten jungen Frau geführt, die sich zunächst auch vor ihren Mitarbeitenden «outen» wollte, sich schliesslich jedoch dagegen entschieden hat. Weshalb, denken Sie, ist dieses Thema noch immer so belastet?
Wie eine betroffene Person über ihre Krankheit spricht, wird immer eine persönliche Entscheidung bleiben. Wir sollten aber als Gesellschaft wie auch als Unternehmen ein Umfeld schaffen, in dem offen über psychische Erkrankungen gesprochen werden kann. In meinen Augen hat sich in den letzten Jahren hier einiges so verändert, dass dies möglich ist. Und so soll es sein!
Burnout klingt oft nach «Managern, die etwas zu viel gearbeitet haben und etwas Ruhe benötigen». Dabei können Mitarbeitende aus allen Bereichen wegen Mobbings, Überforderung, etc. genauso ein Burnout erleiden. Was tut Helsana, damit dies auf allen Etagen klappt?
Ich teile die Einschätzung, dass ein Burnout jede und jeden treffen kann. Und weil es uns alle angeht, sollen auch die Präventions- und sonstigen Massnahmen uns alle ansprechen. Wir haben da kein Etagen-Denken und keinen Etagen-Service…
Wenn Sie in 10 Jahren zurückblicken – was müsste geschehen, damit Sie sagen können: Wir als Krankenversicherung haben echte Fortschritte bei mentaler Gesundheit gemacht!
Wir befinden uns hoffentlich schon in dieser Phase des Fortschritts. Mit unserer Sensibilisierungskampagne haben wir vor einigen Jahren einen ersten Schritt gemacht. Wir wollen über das Thema informieren. Wir wollen darüber sprechen. Wir wollen aufzeigen, wie jede und jeder im Alltag für sich niederschwellige, kleine Schritte tun kann, die der eigenen mentalen Gesundheit helfen. Wir wollen den Weg nun fokussiert fortsetzen mit unserer neuen Strategie. Heute gibt es in der Schweiz viele Angebote. Diese sind aber fragmentiert. Wir wollen unseren Unternehmens- und Individualkunden im ganzen Prozess unterstützen können, von der Information, über die Prävention bis hin zu ambulanten oder zu stationären Massnahmen oder zur Rehabilitation. Wir wollen aus einer Hand Know-How, niederschwellige digitale Unterstützung wie Apps und auch unser Netzwerk zu ausgewiesenen Spezialisten oder Fachkliniken bieten. Wenn uns das gelingt, dann bin ich zufrieden. Und ich hoffe ehrlich gesagt, wir schaffen das schneller als in zehn Jahren.
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