Eisbären als Versicherungsfall

Der Podcast von heute spielt mit geopolitischen Gedankenspielen und zeigt, wie selbst vermeintlich absurde Szenarien ernsthafte Fragen für die Versicherungswirtschaft zwischen Klimarisiken, Infrastruktur und kreativen Deckungskonzepten aufwerfen.

Versicherung ist ein ernstes Geschäft und gelegentlich auch eines mit feinem Humor. In einer aktuellen Episode des Podcasts Paul the Insurer dient eine provokante politische Idee als Ausgangspunkt für eine versicherungsökonomische Gedankenreise: die – hoffentlich nicht ganz ernst gemeinte – Überlegung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, über eine engere wirtschaftliche Anbindung Grönlands an die USA nachzudenken. Um politische Brisanz zu vermeiden, wird bewusst der Begriff «Joint Venture» verwendet. Für einen Versicherer zählt jedoch weniger die Wortwahl als die Konsequenz: Jede Veränderung schafft neue Risiken und damit neue Märkte.

Investitionen verändern Risikolandschaften

Sollte es tatsächlich zu einer verstärkten Präsenz der USA kommen, wären massive Investitionen in Infrastruktur die logische Folge. Häfen, Verkehrswege, Energieversorgung, Telekommunikation und militärische Anlagen würden den Bestand versicherbarer Werte deutlich erhöhen. Gleichzeitig würden neue Arbeitsplätze entstehen, Einkommen steigen und Migration einsetzen: Faktoren also, die das soziale und wirtschaftliche Risikoprofil grundlegend verändern.

Für Versicherer stellt sich in einem solchen Szenario die klassische strategische Frage: frühzeitig Präsenz aufbauen oder politische Klarheit abwarten? Noch wäre ein Markteintritt kaum rentabel, doch geopolitische Interessen können sich schnell verschieben, insbesondere wenn auch Russland oder China über reine Planung hinausgehendes Interesse an der Arktis zeigen sollten.

Zwischen Parametrik und ironischer Zuspitzung

Der Podcast erlaubt sich an dieser Stelle einen bewussten Perspektivwechsel. Während nüchtern argumentierende Stimmen auf parametrische Versicherungen gegen Überschwemmungen und Extremwetter verweisen, tauchen zugleich ironische Vorschläge, wie Tierkrankenversicherungen für Polarbären, inklusive möglicher Nachkommen aus Begegnungen mit Grizzlys auf. Der augenzwinkernde Ton täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass der Kern ernst gemeint ist: Versicherungsprodukte müssen lokale Realitäten abbilden, auch wenn diese zunächst ungewöhnlich erscheinen.

Neue Sparten für eine veränderte Arktis

Besonders interessant wird die Analyse dort, wo traditionelle Deckungen gedanklich erweitert werden. Im Podcast wird offen eingeräumt, dass dabei auch ein Gespräch mit ChatGPT als Inspirationsquelle diente. Genannt werden unter anderem Versicherungen zur Finanzierung von Klimaanpassungen, etwa für die bauliche Nachrüstung von Infrastruktur gegen tauenden Permafrost und veränderte Umweltbedingungen. Ebenso relevant sind Deckungen für Telekommunikationsinfrastruktur, die in abgelegenen Regionen essenziell für Sicherheit, Wirtschaft und staatliche Präsenz ist.

Auch der wachsende Abenteuer- und Ökotourismus in der Arktis rückt in den Fokus. Expeditionen, arktische Safaris oder Eisklettern bringen neue Haftungs- und Unfallrisiken mit sich. Schliesslich wird auch der Schutz kulturellen Erbes thematisiert, zum Beispiel Versicherungen, die indigene Traditionen, Artefakte und kulturelle Praktiken gegen Verlust oder Beschädigung absichern. Damit rückt Versicherung als Instrument zur Bewahrung von Identität und sozialem Zusammenhalt in den Blick.

Ernsthafte Branche mit kreativer Perspektive

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass Versicherung weit mehr ist als eine rein technische Disziplin. Der Podcast plädiert dafür, Risiken nicht nur zu berechnen, sondern sie auch im gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Kontext zu verstehen und dabei durchaus Raum für Ironie und Kreativität zu lassen. Gerade in einer Welt zunehmender Unsicherheit kann diese Perspektive helfen, neue Lösungen zu denken.

Oder anders formuliert: Versicherung ist nicht nur ein Beruf, sondern ein Mittel, die Zukunft aktiv zu gestalten, selbst dort, wo heute noch Eisbären durch scheinbar versicherungsfreie Landschaften ziehen.

Binci Heeb

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