Elektronisches Gesundheitsdossier: Start in ein vernetztes und souveränes Gesundheitssystem

8 Dezember, 2025 | Aktuell Allgemein
Das Elektronische Gesundheitsdossier soll die Bürgerinnen und Bürger von Geburt an begleiten.
Das Elektronische Gesundheitsdossier soll die Bürgerinnen und Bürger von Geburt an begleiten.

Der Bundesrat richtet das digitale Gesundheitswesen neu aus und will das bisherige EPD durch das elektronische Gesundheitsdossier (E-GD) ausrichten, das automatisch für die gesamte Bevölkerung eröffnet wird. Mit dem neuen Gesetz würden Aufgaben, Zuständigkeiten und Finanzierung grundlegend klarer geregelt. Das E-GD wird zum Schlüssel eines vernetzten, transparenten und patientenzentrierten Gesundheitssystems. Automatisch, verbindlich und lebensbegleitend, mit klarer Zuständigkeit, sicherer Finanzierung und starkem Fokus auf Eigenverantwortung.

Bisher war das elektronische Patientendossier in der öffentlichen Wahrnehmung ein Werkzeug für Kranke, vielleicht nützlich, aber fern vom Alltag der meisten Menschen. Mit dem neuen elektronischen Gesundheitsdossier (E-GD) soll sich dieser Blick grundlegend ändern. Das Dossier soll die Bürgerinnen und Bürger von Geburt an begleiten: nicht nur bei Diagnosen und Therapien, sondern auch bei Impfungen, Vorsorge und Prävention. Es wird zu einem lebensbegleitenden Instrument, das Gesundheit nicht mehr nur als Krankenakte, sondern als persönliches Gesundheitskapital versteht. Digital, sicher und jederzeit zugänglich.

Warum der erste Anlauf scheiterte

Das bisherige elektronische Patientendossier blieb nicht aus technischen, sondern aus strukturellen Gründen hinter seinen Möglichkeiten zurück. Da weder Patientinnen und Patienten noch ambulante Leistungserbringer verpflichtet waren, sich anzuschliessen, entstand nie eine flächendeckende Nutzung. Die dezentrale Umsetzung erschwerte Austausch, Standards und Weiterentwicklung. Hinzu kam ein komplexes Zertifizierungssystem, das die Einführung verlangsamte. Auch fehlte eine klare Finanzierungsperspektive. Das Ergebnis: viele Pilotprojekte, wenig Alltagsnutzen und kaum Akzeptanz.

Digitaler Wandel mit System und mit Steuerung

Mit der Totalrevision zieht der Bundesrat die Konsequenzen: Die technische Infrastruktur wird zentral betrieben, in einem nationalen Informationssystem, das Interoperabilität, Sicherheit und Effizienz sicherstellt. Die Kantone verantworten den Betrieb im Sinne eines Service public und können lokale Gemeinschaften einbinden, die jedoch vor allem als Service- und Supportstellen fungieren. Zum ersten Mal sind Zuständigkeiten zwischen Bund, Kantonen und Leistungserbringern technisch, organisatorisch und finanziell klar geregelt.

Automatische Eröffnung mit voller Selbstbestimmung

Das neue System setzt auf das Opt-out-Modell, wie beispielsweise auch die neue Organspenderegelung in der Schweiz, nennen. Jede in der Schweiz wohnhafte Person erhält automatisch und kostenfrei ein elektronisches Gesundheitsdossier – solange sie nicht aktiv widerspricht. Damit entfällt die Hürde der freiwilligen Registrierung. Trotzdem bleibt die informationelle Selbstbestimmung gewahrt. Inhaberinnen und Inhaber entscheiden weiterhin selbst, welche Daten freigegeben werden – und wer diese sehen darf. Jede Einsicht wird protokolliert, sodass transparent bleibt, wer wann auf welche Informationen zugreift. Das stärkt Vertrauen und digitale Gesundheitsmündigkeit.

Ein digitales Bindeglied für das gesamte Gesundheitssystem

Das E-GD wird verpflichtend für alle Leistungserbringer, die zulasten der Kranken-, Unfall-, Invaliden- oder Militärversicherung abrechnen. Damit entsteht erstmals eine durchgängige digitale Versorgungskette – vom Dorfpraxis-Arzt über Apotheke, Spital und Rehabilitation bis hin zur Langzeitpflege. Besonders profitieren werden behandelnde Fachpersonen, wenn Bildgebungsdaten, Medikationslisten oder Laborwerte nicht mehr mehrfach erhoben, sondern direkt eingesehen werden können.

Was ändert sich für mich?
Für Bürgerinnen und BürgerFür GesundheitsfachpersonenFür das Gesundheitswesen
Ein automatisch eröffnetes Dossier mit voller Kontrolle über Zugriffsrechte. Verständlich, strukturiert und jederzeit verfügbar, auch bei Praxiswechsel oder im Notfall,Mehr Effizienz, weniger Doppeluntersuchungen, direkter Zugriff auf relevante Informationen.Einsparpotenzial bei administrativen Prozessen, bessere Koordination und höhere Versorgungsqualität. j
Von der Krankenakte zur Gesundheitsplattform

Das E-GD ist mehr als ein digitaler Ordner für medizinische Befunde. Es ist Ausdruck eines Kulturwandels: weg von einer passiven Rolle der Patientinnen und Patienten hin zu einer aktiven, informierten und souveränen Gesundheitsbeteiligung. Wer den Überblick über Diagnosen, Impfungen, Medikamentenpläne oder Vorsorgeuntersuchungen hat, trifft fundiertere Entscheidungen. Gesundheit wird zu einem transparenten, mitgestaltbaren Prozess.

Ein digitales Fundament für die Zukunft

Das neue Gesetz schafft Strukturen, die weit über das E-GD hinausreichen: Es eröffnet Perspektiven für digital gestützte Prävention, personalisierte Medizin und vernetzte Versorgung. Es macht aus dem Gesundheitsdossier kein weiteres IT-Projekt, sondern die Basis für ein resilientes, koordiniertes, transparentes und zukunftsfähiges Gesundheitssystem.

Einführung

Als Nächstes befasst sich das Parlament mit dem Gesetzesentwurf. Es kann Änderungen vornehmen oder den Vorschlag des Bundesrats zurückweisen. Wird die Vorlage angenommen, beschafft der Bund die neue zentrale IT-Infrastruktur, sodass das elektronische Gesundheitsdossier voraussichtlich Anfang 2030 eingeführt werden kann.

Binci Heeb

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