Künstliche Intelligenz: Droht Europa den Anschluss zu verlieren?
21 Februar, 2025 | Aktuell Allgemein
Die Künstliche Intelligenz (KI) hat, nicht selten unbemerkt, in sämtlichen Bereichen der Wirtschaft Einzug gehalten. Die Versicherungsbranche ist davon nicht ausgenommen. Drohen gefährliche Abhängigkeiten? Tatsache ist: Europa steht im globalen Wettbewerb unter starkem Druck. Der französische Tech-Milliardär Xavier Niel, Gründer des Telekommunikationsriesen Iliad und Mitbegründer der Programmierschule École 42, betont jedoch, dass Europa bislang noch immer wettbewerbsfähig ist. «Die besten KI-Entwickler sind Europäer», so Niel in einem Interview mit der Welt. Aber die Frage bleibt: Wird Europa den Anschluss verlieren, oder kann der Kontinent seine Stärken nutzen, um im globalen KI-Rennen zu bestehen?
Europa hat eine lange Tradition in Forschung und Entwicklung von Technologien, auch im Bereich von KI. Unternehmen wie DeepMind (ursprünglich aus Grossbritannien, jetzt im Besitz von Alphabet), Mistral AI aus Frankreich und Aleph Alpha aus Deutschland sind drei Beispiele für europäische KI-Unternehmen, die international Anerkennung finden. Vor allem Frankreichs Mistral AI hat sich als ernstzunehmender Konkurrent für amerikanischen KI-Giganten wie OpenAI positioniert.
Xavier Niel betont in einem Interview in der Welt, dass Europa über talentierte Entwickler verfügt, die an hervorragenden Hochschulen ausgebildet wurden. «Die besten KI-Entwickler sind Europäer, darunter viele Franzosen», betont er. Diese Talente sind ein entscheidender Faktor, um im globalen Wettbewerb mithalten zu können.
Europa vs. USA: Wie gross ist der Abstand?
Die USA haben derzeit die Nase vorn, wenn es um die Entwicklung und Anwendung von KI-Technologien geht. Unternehmen wie OpenAI (Hintergrund von ChatGPT), Google (mit DeepMind und Gemini), aber auch Microsoft dominieren den Markt. Die USA profitieren von einer starken Finanzierung, einem innovationsfreundlichen Ökosystem und einer engen Zusammenarbeit zwischen Universitäten und der Industrie.
Europa hingegen kämpft mit strengeren Regulierungen sowie einer fragmentierten Forschungslandschaft. Der AI-Act der EU, der KI regulieren soll, wird oft als Hindernis für Innovationen angesehen. Niel argumentiert jedoch, dass Europa einen «dritten Weg» zwischen den USA und China anbieten kann. «Frankreich und Europa können einen dritten Weg anbieten», sagt er. «Wir haben viele Trümpfe in der Hand.»
Ist DeepSeek plötzlich der grösste Konkurrent von ChatGPT?
DeepSeek, ein chinesisches KI-Unternehmen, hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit erregt und wird oft als potenzieller Konkurrent zu OpenAI’s ChatGPT genannt. Allerdings ist DeepSeek nur einer von vielen Akteuren im globalen KI-Markt. In Europa gibt es ebenfalls ambitionierte Projekte, die mit ChatGPT konkurrieren könnten. Die erwähnten französischen und deutschen Player sind Beispiele für europäische Unternehmen, welche ähnliche Technologien entwickeln.
Gibt es Alternativen?
Neben ChatGPT und DeepSeek besteht eine Vielzahl von KI-Modellen und -Plattformen, schon heute u.a. in verschiedenen Bereichen von Versicherungsriesen und innovativen Brokern eingesetzt werden. Dazu gehören:
– Google Gemini (ehemals Google Bard): Ein KI-Modell von Google, das auf der LaMDA-Technologie basiert und für die Generierung von Texten und Dialogen entwickelt wurde.
– Microsoft Copilot: Eine KI-gestützte Plattform, die Entwickler bei der Programmierung unterstützt.
– Hugging Face: Ein Unternehmen, das Open-Source-KI-Modelle anbietet und eine grosse Community von Entwicklern unterstützt.
– Stability AI: Bekannt für sein Modell Stable Diffusion, das seine Stärke in der Bildgenerierung eingesetzt hat.
Blick auf die Schweiz
Die Schweiz, bekannt für ihre exzellenten Hochschulen wie die ETH Zürich und EPFL, spielt eine wichtige Rolle in der KI-Forschung. Hiesige Unternehmen und Startups sind aktiv in Bereichen wie maschinelles Lernen, Robotik und Biotechnologie. Allerdings fehlt es oft an der Skalierung, um mit den grossen Playern aus den USA und China zu konkurrieren. Die Schweiz könnte jedoch als Innovationshub fungieren, der europäische KI-Entwicklungen vorantreibt.
Wer wird das Rennen gewinnen?
Das KI-Rennen ist noch lange nicht entschieden. Während die USA derzeit führend sind, hat Europa das Potenzial, durch seine talentierten Entwickler, starke Forschungseinrichtungen und eine ausgewogene Regulierung aufzuholen. Xavier Niel betont, dass Optimismus und Investitionen in den richtigen Bereichen entscheidend sind. «Wir müssen jetzt handeln, um Modelle anzubieten, die man in Asien und den USA benutzen kann», sagt er.
Letztendlich wird das Rennen nicht nur von technologischen Fortschritten, sondern auch von der Fähigkeit abhängen, KI verantwortungsvoll und zum Wohle der Gesellschaft einzusetzen. Europa hat die Chance, eine führende Rolle zu spielen, wenn es gelingt, die Balance zwischen Innovation und Regulierung zu finden.
Herausforderungen und Chancen
Europa steht im globalen KI-Wettbewerb vor grossen Herausforderungen, aber auch vor enormen Chancen. Mit talentierten Entwicklern, starken Forschungseinrichtungen und einer ausgewogenen Herangehensweise kann der Kontinent seinen Platz in der KI-Revolution behaupten. Wie Xavier Niel betont, ist Optimismus entscheidend: «Wenn es uns gelingt, KI zu beherrschen, wird sie unser Leben vereinfachen und die Medizin revolutionieren.» Asien und Nordamerika versuchen unseren Kontinent in nur schwer aufholbare Abhängigkeiten zu bringen. Europa muss jetzt handeln, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Binci Heeb
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