Maklerzentrum Schweiz AG: ein hybrides Geschäftsmodell reflektiert die Veränderungen in der Versicherungsbranche

26 Mai, 2023 | Aktuell Interviews Nicht kategorisiert
Maklerzentrum Schweiz AG ist weder ein reiner Versicherungsbroker noch ein Versicherer ist.: Bild: Stephan M. Wirz, Mitinhaber und Mitglied der Geschäftsleitung.
Maklerzentrum Schweiz AG ist weder ein reiner Versicherungsbroker noch ein Versicherer ist.: Bild: Stephan M. Wirz, Mitinhaber und Mitglied der Geschäftsleitung.

Die Maklerzentrum Schweiz AG nimmt eine besondere Marktstellung ein, da sie weder ein reiner Versicherungsbroker noch ein Versicherer ist. thebroker wollte mehr über die Aufgaben des Maklerzentrums aus Basel wissen und hat sich mit dessen Mitinhaber und Mitglied der Geschäftsleitung, Stephan M. Wirz, unterhalten.

Stephan Wirz, Sie nennen sich einen «Grossbroker und eine Plattform für externe Versicherungsvermittler». Was ist damit gemeint?

Die Maklerzentrum Schweiz AG hat per 2021 den Eigenvertrieb mit ungefähr 170 Mitarbeitenden an die Groupe Mutuel abgegeben und konzentriert sich nun auf die Erbringung von Dienstleistungen für Versicherer und deren Versicherungsvermittler. Weiter betreut sie ihren langjährigen Kundenbestand mit über 160’000 Versicherten. Die Leistungspalette erstreckt sich über das Angebot attraktiver Versicherungslösungen, die Betreuung der Versicherungsvermittler, Dienstleistungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung sowie Qualitätssicherung und der Übernahme von administrativen Tätigkeiten für unsere Vertriebspartner. Die Maklerzentrum Schweiz AG leistet somit einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg ihrer Vertriebspartner und einer hohen Beratungsqualität.

Das Geschäftsleitungsmitglied des Maklerzentrums bezeichnet das Unternehmen als erfolgreichste unabhängige Anbieterin von Dienstleistungen im Versicherungs- und Vorsorgebereich in der Schweiz. Sind Sie also eine reine Anbieterin von Dienstleistungen?

Die Tätigkeiten der Maklerzentrum Schweiz AG erstrecken sich nicht ausschliesslich auf die Erbringung von Dienstleistungen, da wir unseren langjährigen Kundenbestand mit über 160’000 Versicherten betreuen und gemeinsam mit unserem Vertriebsnetz mit über 500 angeschlossenen Vermittlungsorganisationen gegenüber den Versicherer auch als Grossbroker auftreten. Wir sind seit 1999 in der Versicherungsbranche tätig und gehören somit zu den ältesten Vermittlungsorganisationen im Privatkundensegment. Die Maklerzentrum Schweiz AG ist in diesem Bereich seit über 15 Jahren die unangefochtene Marktleaderin und kann auch heute noch die Versicherungsprodukte von allen wichtigen Versicherern anbieten. Dies ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, da sich alle grossen Mitbewerber im Krankenversicherungsbereich einem Krankenversicherer angeschlossen haben.

Gemäss dem revidierten VAG werden unter anderem auch die Unterschiede zwischen gebundenen und ungebundenen Vermittlern neu definiert. Dabei handeln ungebundene Vermittler in einem Treueverhältnis zum Versicherungsnehmer. Was bedeutet das genau?

Das ist in der Tat noch unklar, da die Aufsichtsverordnung noch nicht in der definitiven Form vorliegt. Vereinfacht gesagt dürfte ein Treueverhältnis dann vorliegen, wenn der Kunde davon ausgeht, dass der Vermittler in seinem Interesse tätig ist. Dies wäre im Grundsatz auch heute bereits klar, da ein Vermittler dann im Interesse des Kunden tätig ist, wenn keine wirtschaftliche oder rechtliche Bindung zu einem oder mehreren Versicherern besteht. Die Unterscheidungskriterien der wirtschaftlichen und rechtlichen Bindung sind jedoch ungeeignet, da sich oftmals erst im Folgejahr herausstellt, ob eine wirtschaftliche Bindung bestand und der Vermittler daher im Interesse des Versicherers und nicht des Versicherungskunden tätig war. Die Konsequenzen in Bezug auf die Haftung sind schwerwiegend, da der Versicherer gemäss Art. 34 VVG nur für «seine» (gebundenen) Vermittler haftet. Das revidierte VAG soll dieses Problem nun beheben, da auf ein Treueverhältnis abgestellt wird. Im konkreten Einzelfall mit Mehrheitsbeteiligungen oder Outsourcing-Verträgen kann sich die Unterscheidung zwischen einem gebundenen oder ungebundenen Vermittler jedoch auch in Zukunft als kompliziert herausstellen. Die neue Aufsichtsverordnung wird hier hoffentlich Klarheit schaffen.

Wie viele Mitarbeitende beschäftigt das Maklerzentrum heute und an wie vielen Standorten?

Die Maklerzentrum Schweiz AG zählt heute rund 30 Vollzeitstellen und diese sind – mit Ausnahme der regionalen Vermittlerbetreuer – in Basel tätig.

Seit dem 1. Januar 2021 gilt die Branchenvereinbarung der Krankenversicherer. Damals schrieben Sie, dass es problematisch sei, dass Eigenvertrieb und externer Vertrieb nicht gleichbehandelt würden.

Diese Problematik besteht aktuell immer noch, jedoch hat das Parlament am 16. Dezember 2022 im Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlungstätigkeit klargestellt, dass die Unterscheidung zwischen externen und internen Versicherungsvermittlern nicht gewünscht ist, so wie die aktuelle Branchenvereinbarung diese aktuell noch vorsieht. Die Krankenversicherer können nun eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangen, was sie jedoch bei der Branchenvereinbarung in der heutigen Form nicht wollen, da auch sie mit den aktuellen Marktkonditionen für externe (und dann auch interne) Vermittler nicht rentabel arbeiten können. Es liegt nun auf der Hand, dass die Krankenversicherer diese Branchenvereinbarung (endlich) anpassen werden.

Ihrer Meinung nach wird durch die Branchenvereinbarung der Broker aus dem Markt genommen. Führen Sie das aus.

Diese Unterscheidung führt dazu, dass der Eigenvertrieb über wesentlich längere Spiesse verfügt im Vergleich zu den externen Vermittlern. Aktuell gelten für den Eigenvertrieb keine Provisionsbeschränkungen und keine Ausbildungsvorschriften. Dies führte zu einer Verlagerung des Vertriebs auf den Eigenkanal und unter dem Strich zu Mehrkosten. Qualitätsverbesserungen waren ebenfalls nicht die Folge, da ja eben die Ausbildungsvorschriften für den Eigenvertrieb nicht gelten. Somit wurde einfach der externe Vermittlerkanal grösstenteils aus dem Markt gedrängt. Die Leidtragenden sind die Kunden, die nun mehrere Beratungsgespräche wahrnehmen müssen, um die gleiche Leistung zu erhalten, die sie vorher aus einer Hand erhalten hatten. Nicht ohne Grund erfolgte der Krankenversicherungsvertrieb in den letzten beiden Jahrzehnten mehrheitlich über den externen Vermittlerkanal, da dieser Kanal effizienter und günstiger ist.

Wie sähe eine praktikablere Gesetzeslösung aus?

Die Gesetzeslösung besteht bereits mit dem revidierten Versicherungsaufsichtsgesetz. Es geht nun darum, die Details in der Aufsichtsverordnung abschliessend zu regeln und die Branchenvereinbarung soweit anzupassen, dass sie für allgemeinverbindlich erklärt und somit für die ganze Branche zur Anwendung gelangen kann. Dann werden endlich die Qualitätsziele erreicht, ohne den externen Vertriebskanal zu benachteiligen.

Was halten Sie davon, dass Krankenversicherer die Rolle von Versicherungsbroker übernehmen und Versicherungen fürs Auto, den Hausrat oder die Haftpflicht anbieten?

Die Krankenversicherer haben erkannt, dass die Kunden eine Dienstleistung aus einer Hand wünschen. Dieses Bedürfnis können sie durch eine Ausweitung der Angebotspalette auf andere Versicherungssegmente abdecken. Der Kunde ist jedoch immer noch auf einen (von seinem Krankenversicherer ausgewählten) Anbieter pro Versicherungssegment beschränkt und nur der externe Versicherungsvermittler kann ihm die gesamte Angebotspalette des Versicherungsmarktes anbieten.

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