Ombudsman der Privatversicherung und der Suva: Stabile Fallzahlen im Jahr 2022 und stärkere Themenvielfalt
20 April, 2023 | Aktuell Nicht kategorisiert
Medienmitteilung des Ombudsman der Privatversicherung und Suva.
Der Versicherungsombudsman, Martin Lorenzon, und sein Team hatten sich im Jahr 2022 mit 2’711 Anliegen und Beschwerden zu befassen. Das entspricht einer minimalen Zunahme gegenüber dem Vorjahr. Zu einer Intervention beim involvierten Versicherer führten 269 der 1030 schriftlich unterbreiteten Beschwerdefälle. Die Erfolgsquote der Interventionen betrug rund 66 Prozent, was dem langjährigen Durchschnitt entspricht.
Nachdem sich die Ombudsstelle während der Pandemie intensiv mit einer beschränkten Anzahl von Fragestellungen beschäftigen musste, brachte die allmählich eintretende Normalisierung ein breiteres Spektrum von unterbreiteten Versicherungsfällen mit sich. Die branchenbezogenen Themen der Anfragen an die Ombudsstelle wurden wieder vielfältiger. Anfragen und Beschwerden im Zusammenhang mit den Folgen der Pandemie gab es im Berichtsjahr nur noch 43. Im ersten Pandemiejahr 2020 waren es noch 587 Fälle.
Schwerpunkt der Tätigkeit lag weiterhin bei den Personenversicherungen mit einem Anteil von rund 46 Prozent. Die Unwetter seit Sommer 2021 trugen wesentlich zu einer Zunahme der Fallzahlen mit privaten Gebäudeversicherungen um fast 56 Prozent auf 84 bei. Eine Abnahme um 13 Prozent auf 388 Fälle fand bei Krankentaggeldversicherungen statt.
In der Rechtsschutz-Brache zeigte sich ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen um 20 Prozent auf 387. Hier war häufig die zeitliche Versicherungsdeckung strittig. Die Ombudsstelle hatte sich zudem vermehrt mit Beschwerden im Zusammenhang mit dem Auskauf von Rechtsschutzleistungen durch den Versicherer zu befassen. Gestützt auf die Vertragsbedingungen dürfen Versicherer anstelle der Hauptleistung, für welche die Rechtsschutzversicherung abgeschlossen wurde, eine wirtschaftliche Fall-Erledigung vornehmen. Dies können sie tun, indem sie beispielsweise den strittigen Betrag direkt an die versicherte Person auszahlen.
Fallbeispiel Rechtsschutz-Versicherung
Ein Interventionsfall betraf eine Richterin im Nebenamt, welche mit der Lohnabrechnung des Gerichtspräsidiums für ihre Richterinnen-Tätigkeit nicht zufrieden war. Ihre Entschädigung für mehrere Einsätze als Richterin entsprach der Bezahlung einem Stundenlohn von rund 34 Franken. Dies erachtete die Richterin als unangemessen und beanstandete, dass die für ihre Entschädigung massgebende Verordnung falsch angewandt worden sei.
Nach einigem Hin und Her zur Frage, ob ein Vorgehen gegen den Entscheid des Gerichtspräsidiums überhaupt Erfolgsaussichten habe, überwies ihr der Rechtsschutz-Versicherer den Betrag von 785 Franken als Auskaufleistung. Gleichzeitig kündigte er die Police im Schadenfall. Den Einwand der Versicherten, bei der Festlegung der Auskaufsumme hätte berücksichtigt werden müssen, dass ihre feste Amtszeit als Richterin noch mehrere Jahre dauere, wies der Versicherer zurück. Bezüglich künftiger Lohnzahlungen bestehe noch keine Streitigkeit. Der Ombudsman gab dem Rechtsschutz- Versicherer bekannt, dass er die Meinung der Richterin teilt. In Fällen, bei denen es nicht nur um eine finanzielle Entschädigung für einen Vorfall in der Vergangenheit geht, sondern insbesondere um die Konditionen eines weiterdauernden Arbeitsverhältnisses, sollte aus Sicht des Ombudsman primär die Hauptleistung des Rechtsschutz-Versicherungsvertrags, nämlich der versicherte Rechtschutz, gewährt werden. In solchen Fällen sollte daher nur mit Zurückhaltung auf den Auskauf als Ersatzleistung gegriffen werden. Sein Argument vermochte den Rechtsschutz-Versicherer indes nicht umzustimmen.
Der Ombudsman empfiehlt den Rechtsschutz-Versicherern, vor einem beabsichtigten Auskauf ihrer Rechtsschutz-Leistungen immer eine Abwägung zwischen den eigenen Interessen auf wirtschaftliche Erledigung eines Schadenfalls mit den Interessen der versicherten Personen auf Klärung einer Rechtsstreitigkeit vorzunehmen und nicht zu vergessen, dass die versicherte Hauptleistung letztlich das Gewähren von Rechtschutz ist.