Swiss InsurTech Hub: starke Finalisten, klare Agenda, frische Impulse

3 November, 2025 | Aktuell Allgemein
Swiss InsurTech Hub in Vorfreude auf den Swiss InsurTech Summit & Awards 2025.
Swiss InsurTech Hub in Vorfreude auf den Swiss InsurTech Summit & Awards 2025.

Bei der Generalversammlung des Swiss InsurTech Hubs vom 28. Oktober wurde die Preisverleihung am 11. November im Google-Hauptquartier Zürich hervorgehoben. Unter den zehn Finalisten werden die besten Startups gekürt, neue Partnerformate vorgestellt und konkrete Innovationspfade von agentischer KI über Betrugserkennung bis zur Monetarisierung von Prävention im Gesundheitswesen aufgezeigt.

Aus über 60 Nominierungen sind zehn Finalisten hervorgegangen: Die Jury hat intensiv gesichtet, die Verkündung erfolgte über LinkedIn. Am 11. November ab 15:00 Uhr werden die Top-10 live im Google-Hauptquartier in Zürich präsentiert, flankiert von einer Eröffnungsrede von Paolo Mantero, Strategiechef von Zurich Insurance. Gregor Kaelin, Leiter Finanzdienstleistungen bei Google Cloud, moderiert eine Diskussion zu Innovation in der Versicherungsbranche.

Georgina Sala Gasol, Leiterin Digitale Kundenerlebnisse weltweit bei Nespresso, überträgt mit «One Click, One Sip» digitale Erfahrungs-Lehren aus der Nespresso-Welt, und Raphael Troitzsch, geschäftsführender Partner bei Boston Consulting Group, führt durch ein Gespräch zur Umsetzung digitaler Exzellenz im Bereich Kundenerlebnis.

Partnerveranstaltungen und Kooperationen: Pitchen, London-Tickets, neue Delegation

Bereits am 17. November folgt die Pitch-Veranstaltung des Netzwerkpartners InsurAngels Suisse in Zürich, primär für Startups in der Frühphase vor der ersten Finanzierungsrunde. Für die ITC London im Januar steht ein Vorteilskontingent für junge Unternehmen bereit. Parallel verhandelt der Swiss InsurTech Hub ein Paket für die InsurTech Insights im März 2026. Geplant ist eine nochmals vergrösserte, offene Präsenz in zentraler Lage, die schon im Vorjahr für hohen Zulauf sorgte.

CSS: Vom Versicherer zum Orchestrator der Prävention

Nicolas Loeillot, ehemals Tech-Unternehmer mit einem 2017 an Amazon verkauften Startup für Computer Vision und seit 2021 bei CSS, ordnete die Innovationsarbeit entlang der strategischen Ziele des Hauses ein. Ebenfalls sprach er von Grund- und Zusatzversicherung bis zum darüber hinausgehenden Anspruch, Prävention als eigenständigen, wirtschaftlich tragfähigen Wert zu etablieren. Während im Kerngeschäft Effizienzgewinne dominieren, öffnet vor allem das vierte Ziel – «mehr als Versicherung» – den Weg zu datengetriebener Prävention, die nicht in der Logik von Kliniken entsteht, sondern bei neuen Akteuren und Modellen.

Die Innovationspfade sind breit abgestützt. Seit 2015 kooperiert CSS mit der ETH und der HSG im sogenannten Gesundheitslabor und finanziert Forschungsprojekte sowie Gründungen. 2021 folgte Swiss Health Ventures als 50-Millionen-Fonds mit Schwerpunkt auf Serie-A-Finanzierungen und bislang rund einem Dutzend Beteiligungen, die das Schweizer Gesundheitssystem messbar beeinflussen sollen. Eine Aufstockung ist geplant.

Seit 2022 verbindet das Programm Future of Health Grant gemeinsam mit dem EPFL Innovation Park jährlich jährlich rund zwanzig Startups mit Pilotprojekten, die nicht nur klinische Evidenz, sondern vor allem Wirtschaftlichkeit und Skalierungspotenzial belegen. In der «Pilotfabrik» werden Projekte deshalb entlang dreier Achsen bewertet: finanzieller Nutzen für das System, klinische Validität und Skalierbarkeit. Ziel ist eine vergleichbare, investorenfähige Bewertungsmatrix für digitale Gesundheitslösungen. Langfristig denkt CSS in Richtung einer digitalen Gesundheitsstiftung, die Validierung systematisch und im grossen Massstab organisiert.

Start-up-Spotlight: Fünf Lösungen, fünf Blickwinkel

Cleanpact verknüpft Versicherungskapital mit erneuerbarer Infrastruktur und schafft einen markengestützten Handelsplatz, auf dem Projekte per Schweizer ISIN verbriefbar sind und ihre Wirkung in Echtzeit ausgewiesen wird. Eine exklusive Absichtserklärung über 100 Millionen US-Dollar für Solarprojekte in Lateinamerika unterstreicht die Ambition, während Investoren aus der DACH-Region und Projektpipelines in Portugal, Spanien und Italien anvisiert werden. Das 2025 in Zürich und Zug gegründete Unternehmen sucht Versicherer und Rückversicherer, technologiegetriebene Partner sowie Unternehmenssponsoren, um Rendite, Widerstandsfähigkeit und Wirkung zu verbinden.

Hedi adressiert die neue Welle KI-getriebener Fälschungen mit einer multimodalen Betrugserkennung, die über 80 forensische und fachliche Prüfungen auf Bilder, Dokumente und Texte anwendet und die Ergebnisse nachvollziehbar begründet. Die Lösung lässt sich lokal im eigenen Rechenzentrum betreiben, über eine Programmierschnittstelle in wenigen Tagen integrieren und typischerweise innerhalb eines Monats produktiv, inklusive Feintuning auf historische Daten, schalten. Das Cloud-basierte Abonnementmodell setzt auf unbegrenzte Nutzung, um Betrugskontrollen entlang des gesamten Prozesses zu ermöglichen. Für Mitglieder des Swiss InsurTech Hub gibt es 20 Prozent Rabatt. Operativ ist das Team aus Paris bereits in Rumänien, Tunesien und Katar aktiv.

Issured verschiebt den Fokus von der Erkennung hin zur abgesicherten Beweiskette. Mit MeaFuse werden Bilder, Videos und Audios bereits bei der Erfassung mit einer Blockchain-basierten Nachweiskette versehen, was die Authentizität durchgängig nachvollziehbar macht. MeaConnectus ergänzt dies um fälschungssichere Video-Interviews mit Echtzeit-Erkennung von KI-Fälschungen, Live-Übersetzungen in 144 Sprachen und transkribierte Zeitcodes. Dieses Set-up schafft, nicht zuletzt vor dem Hintergrund spektakulärer Social-Engineering-Fälle, die Grundlage für schnellere und sichere Schadenprozesse.

AI Swiss Knife verfolgt einen radikal pragmatischen Ansatz für Schweizer Schadenversicherer: Schlanke KI-Agenten automatisieren die Erstmeldungsprüfung, den Deckungscheck, die Kundenkommunikation und die Einhaltung regulatorischer Vorgaben. Dadurch verkürzt sich die Bearbeitungszeit deutlich, während der Anteil der Dunkelverarbeitung steigt. Das Ein-Personen-Unternehmen, als Finalist eines Zurich-Hackathons erprobt, verspricht Implementierungen in unter 30 Tagen. Das Angebot ist vor allem für mittelgrosse Häuser attraktiv.

Schliesslich kontert Motoro Security den technisierten Autodiebstahl mit einer unauffälligen Kapsel, die Angriffe in Echtzeit erkennt und die eingesetzten Geräte über Funkabwehrmassnahmen neutralisiert. Das Fahrzeug bleibt trotz Glasschaden oder Schlüsselklau startunfähig, ohne komplexe Festinstallation. Die Stromversorgung ist für zwei bis drei Jahre ausgelegt. Erste Pilotprojekte laufen in Israel und Kanada.

Drei Trends, die bleiben

Agentische KI wandert aus der Theorie in die operative Gestaltung von Schaden, Betrug und Kundenerlebnis. Vertrauens-Technologien mit Forensik, Nachweisketten und Deepfake-Abwehr werden vom Zusatznutzen zum regulatorisch relevanten Stabilitätsfaktor. Versicherer entwickeln sich in der digitalen Gesundheit durch evidenzbasierte Prävention und in der Klimainfrastruktur durch direktes Engagement in erneuerbare Anlagewerte zu aktiven Kapitalallokatoren.

Für Entscheidungsträger

Pilotierungen sollten von Beginn an mit Bewertungsmatrizen aufgesetzt werden, die klinische Evidenz, Wirtschaftlichkeit und Skalierbarkeit zusammenführen. Betrugserkennung und Beweissicherung funktionieren am besten im Verbund aus präventiver Erfassung, technischer Forensik und sauberer Prozessintegration. Und wer Kapital strategisch denkt, kann Nachhaltigkeitswirkung mit stabilen Geldströmen verbinden. Dies ist ein Spielfeld, auf dem Versicherer ihre Rolle neu definieren.

Binci Heeb

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