thebrokernews Podcast Episode 7: «Stress ist nicht das Problem» – Warum wir ihn brauchen und wie wir ihn richtig managen
13 Mai, 2025 | Aktuell Allgemein Podcasts
Stress ist kein Feind, sondern ein evolutionäres Geschenk – wenn wir ihn verstehen und richtig damit umgehen. Im Gespräch mit dem Stress-Experten Chris Wilson entlarvt thebrokernews Podcast gängige Mythen und zeigt Wege zu nachhaltigem Wohlbefinden in Unternehmen und im Privatleben
Stress hat keinen festen Charakter. Für Chris Wilson ist er nicht einfach «gut» oder «schlecht», sondern ein dynamisches Phänomen: «Stress ist fliessend», sagt der Coach, der internationale Führungskräfte und Unternehmen berät. Es gibt den «Eustress», der uns motiviert und leistungsfähig macht – und den «Distress», der uns zermürbt. Entscheidend ist die Dosis, die Dauer und wie gut unser Körper mit der Belastung umgehen kann.
Wertelücke statt Wissenslücke
Ob Schlaf, Bewegung oder gesunde Ernährung – die meisten Menschen wissen ziemlich genau, was sie tun müssten. Warum tun sie es trotzdem nicht? «Es liegt selten am Wissen, sondern an der Priorisierung» so Wilson. Viele setzen die Bedürfnisse anderer über die eigenen, opfern Gesundheit, Schlaf und Beziehungen für Job, Status oder finanzielle Sicherheit. Ein nachhaltiger Umgang mit Stress beginnt laut Wilson mit ehrlicher Selbstreflexion: «Was ist mir wirklich wichtig – und wo klafft eine Wertelücke?»
Unternehmen unter Stress – und was sie dagegen tun können
Stress ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern auch ein strukturelles. Gerade in Unternehmen fehlt häufig eine Kultur der aktiven Erholung. Wilson plädiert für sogenannte «3+1-Rhythmen»: Drei Wochen volle Leistung, dann eine Woche mit reduzierter Intensität für Reflexion, Administration und Teamverbindung. Eine Idee, die mancher Führungskraft wie eine Provokation erscheint – dabei geht es nicht um weniger Arbeit, sondern um klügeres Arbeiten.
Und: «Man kann nicht managen, was man nicht misst.» Wilson nutzt moderne Technologie, etwa Biomarker aus Speichelproben, um Stresszustände sichtbar zu machen. Unternehmen können dadurch Risikoprofile erkennen und gezielt vorbeugen – nicht zuletzt eine Chance für die Versicherungsbranche, wie Wilson betont.
Wearables, Daten und der Spiegel der Physiologie
Der Markt ist voll von Tools, die uns sagen, ob wir gestresst sind – aber oft fehlt der Kontext. Eine hohe Herzfrequenz beim Joggen ist kein Zeichen für negativen Stress. Wilson sieht in Daten das Potenzial, echtes Bewusstsein zu schaffen – vorausgesetzt, sie werden intelligent interpretiert. «Das Gespräch hinter den Daten ist entscheidend», betont er.
Hierarchie oder Selbstorganisation – was macht weniger Stress?
Mehr Autonomie, mehr Wohlbefinden? Nicht immer. Wilson betont, dass selbstorganisierte Teams nicht automatisch stressfreier sind. Entscheidend ist nicht das Modell, sondern wie viel Kontrolle und Sicherheit Menschen subjektiv erleben. In traditionellen Hierarchien ist der wahrgenommene Stress oft bei den unteren Rängen am höchsten – auch, weil dort Kontrolle und Status fehlen.
Burnout ist mehr als Müdigkeit
Ein weiterer Irrtum: Dass eine Woche Urlaub reicht, um Burnout zu kurieren. «Burnout ist ein Trauma», sagt Wilson. «Es braucht Zeit, Unterstützung und Verhaltensänderung.» Stressfolgen sind physiologisch messbar – von Entzündungen bis zu gestörter Insulinregulation. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann zu chronischen Krankheiten führen. Und: Viele Menschen leben über Jahre in einem Zustand, den sie als «normal» empfinden, obwohl ihr Körper längst auf dem Zahnfleisch geht.
Der Weg zu einem gesunden Ich – und zu gesunden Organisationen
Die zentrale Botschaft: Gesundheit ist kein individuelles Luxusprojekt, sondern eine gemeinsame Verantwortung. Für Einzelpersonen, Führungskräfte – und ganze Branchen. Chris Wilsons Vision: Unternehmen, die Gesundheit als strategischen Wert begreifen und aktiv gestalten. Daten können dabei helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber am Anfang steht ein einfaches Gespräch. Ein ehrlicher Blick in den Spiegel.
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