Topmanager im Fadenkreuz – Unternehmen verstärken Schutzprogramme
2 Oktober, 2025 | Aktuell Allgemein Nicht kategorisiert
Die Bedrohungslage für Führungskräfte hat sich in den letzten zwei Jahren dramatisch verschärft. Terrorismus, gezielte Angriffe, Reputationsrisiken und digitale Gefahren zwingen Unternehmen weltweit dazu, ihre Executive-Protection-Strategien zu professionalisieren. Doch viele Organisationen sind noch unzureichend vorbereitet und nicht selten stehen die Chefs selbst der Sicherheit im Weg.
Ein schockierender Vorfall im Dezember 2024 machte die Verwundbarkeit von Spitzenmanagern deutlich: Der CEO von United Health wurde auf offener Strasse erschossen. Laut der aktuellen Studie «Bedrohungslage für Führungskräfte» von Everbridge in Zusammenarbeit mit ASIS haben 42 Prozent der befragten Sicherheitsverantwortlichen seither den Fokus auf den Schutz von Führungskräften deutlich verstärkt. Haupttreiber sind zunehmende öffentliche Drohungen (72 Prozent) und medienwirksame Gewaltakte (69 Prozent).
Professionalisierung mit Lücken
30 Prozent der Unternehmen verfügen über eine formalisierte Executive-Protection-Policy mit eigenen Ressourcen, 41 Prozent integrieren den Schutz in allgemeine Sicherheitsstrukturen. Grössere Organisationen mit mehr als 100.000 Beschäftigten sind deutlich besser aufgestellt als kleinere.
Trotzdem fehlen in vielen Programmen zentrale Bausteine: Nur rund die Hälfte verfügt über ausgereifte digitale Bedrohungsanalysen, Verhaltensprofiling oder automatisierte Lageberichte. Auch Reputationsmonitoring ist erst bei einem Drittel etabliert.
Reisen bleiben ein Schwachpunkt
Führungskräfte zählen zu den Vielfliegern und sind unterwegs besonders exponiert. Ein Viertel der befragten Organisationen bindet Sicherheitsabteilungen kaum oder gar nicht in die Reiseplanung ein. Noch gravierender: 18 Prozent führen selten oder nie Risikoeinschätzungen durch. Nur 45 Prozent stellen regelmässig Personenschutz auf Reisen bereit.
Auch Sicherheitsbriefings sind nicht selbstverständlich: Ein Viertel verzichtet gänzlich darauf, häufig werden Familien oder Assistenzpersonal aussen vor gelassen.
Wenn die Chefs nicht mitziehen
Ein zentrales Hindernis für effektive Schutzprogramme sind die Führungskräfte selbst. 47 Prozent der Sicherheitsverantwortlichen berichten von mangelnder Compliance, 58 Prozent von Budgetvorbehalten. Viele Executives unterschätzen Risiken oder empfinden Schutzmassnahmen als Einschränkung. Experten raten, Sicherheitsstrategien mit Geschäftsinteressen zu verzahnen und den Mehrwert, etwa für Reputationsschutz oder Business Continuity, klar zu kommunizieren.
Sicherheitskultur auf Vorstandsebene gefragt
Executive Protection ist längst kein Luxusthema mehr, sondern ein strategischer Faktor für Unternehmenssicherheit. Die Studie zeigt jedoch deutliche Reifeunterschiede zwischen Organisationen. Während grosse Konzerne ihre Schutzprogramme ausbauen, bestehen bei mittleren und kleineren Unternehmen gefährliche Lücken, gerade bei digitalen Risiken und Reiseschutz. Ohne die aktive Unterstützung des Top-Managements bleiben viele Massnahmen jedoch Stückwerk.
Binci Heeb
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