Vom Bauzeichner zum Hypothekarspezialisten: Asmir Imeri transformiert Schweizer Hypothekarmarkt
10 Dezember, 2025 | Aktuell Allgemein Interviews
Asmir Imeri, Gründer und CEO der S.O.I. AG, setzt auf eine Kombination aus digitaler Vermittlungsplattform, exklusiven Finanzierungslösungen und einer eigenen Lernwelt, um unabhängige Finanz- und Versicherungsberater zu echten Hypothekarspezialisten weiterzubilden.
Im Gespräch mit thebrokernews spricht er über die Herausforderungen im Hypothekarmarkt, seinen Weg von der Bauzeichnung in die Finanzbranche und warum Vermittler heute mehr denn je ihre Rolle neu denken müssen.
Herr Imeri, Sie haben mit einer Lehre zum Bauzeichner begonnen und sind dann über den Finanz- und Versicherungsbereich zur Hypothekarvermittlung gelangt. Was war der ausschlaggebende Moment für Sie, dieses Kapitel zu wechseln?
Als ich 2012 bei einer Vermögensverwaltung gearbeitet habe, wurde mir klar, dass in den kommenden zehn Jahren die Nachfrage nach Wohneigentum und nach Hypothekarberatung stark steigen würde. Ich wollte Teil dieser Entwicklung sein und etwas Eigenes aufbauen, das diesen Bedarf intelligent abdeckt.
Im April 2021 haben Sie die S.O.I. AG gegründet mit der Vision, die Welt der Finanz- und Versicherungsberater mit der Welt der Hypotheken zu verbinden. Welche Lücke haben Sie damals am Markt identifiziert?
Ich habe gesehen, dass viele Finanz- und Versicherungsberater ihren Kunden gerne auch Hypothekarberatung anbieten würden, ihnen jedoch das Fachwissen, die Erfahrung und der Zugang zu den Hypothekargebern fehlten. Genau diese Lücke schliessen wir heute, indem wir ihnen Know-how, Technologie und Netzwerk bieten.
Ihre Plattform «Chamäleon-H» automatisiert viele Schritte der Hypothekenvermittlung: von Tragbarkeitsprüfung bis Dossier-Einreichung. Welche Veränderung bringt diese Technologie für Vermittler konkret?
Der Vermittler kann wiederkehrende Arbeitsschritte effizient bearbeiten und seine Zeit produktiver nutzen. Die Plattform unterstützt ihn dabei, mehr Kunden zu betreuen und gleichzeitig die Beratungsqualität zu erhöhen.
Sie sprechen davon, Vermittler nicht mehr nur als Lead-Generatoren, sondern als echte Finanzierungspartner zu sehen. Was bedeutet das konkret und wie verändert sich dadurch das Geschäftsmodell für Vermittler?
Ich will keine Berater, die ihre Kunden einfach als «Lead» weitergeben. Zwischen Berater und Kunde besteht meist ein langjähriges Vertrauensverhältnis und das soll erhalten bleiben. Der Berater betreut seinen Kunden weiterhin direkt, mit unserer Unterstützung im Hintergrund. Das schätzen die Kunden sehr, weil sie wissen, dass ihr Berater wirklich in ihrem Interesse handelt.
Ein zentrales Element Ihrer Strategie ist die Ausbildung von Hypothekarspezialisten über Ihre Lernwelt. Warum ist diese Qualifizierung heute wichtiger denn je?
Weil Fachwissen Qualität ermöglicht. Ich bin überzeugt, dass sich der Markt ohne fundiertes Wissen stark konsolidieren wird und das ist auch gut so. Wer Hypotheken vermittelt, sollte verstehen, was er tut. Sonst ist es, als würde man eine mathematische Formel eintippen, ohne zu wissen, dass «Punkt vor Strich» gilt.
Im Bereich «Family Office Hypotheken» bedienen Sie anspruchsvolle Bau- und Immobilienprojekte mit komplexeren Finanzierungsstrukturen. Wie unterscheiden sich diese Spezialfinanzierungen von klassischen Hypotheken und welche Rolle übernimmt S.O.I. dabei?
Bei Bau- und Immobilienprojekten ist die Laufzeit deutlich länger, die Volumen sind höher, und es sind mehr Beteiligte involviert. Zudem erfolgt die Finanzierung oft in mehreren Tranchen über verschiedene Phasen. Wir verstehen uns dabei als Dirigent, der sicherstellt, dass jeder Ton zur richtigen Zeit gespielt wird.
Der Schweizer Hypothekarmarkt steht vor mehreren Herausforderungen: steigende Kundenerwartungen, höhere regulatorische Anforderungen, Digitalisierung. Aus Ihrer Sicht: Welche zwei oder drei Trends werden den Markt in den nächsten 2–3 Jahren am meisten prägen?
Ich bin überzeugt, dass Kunden zunehmend direkt auf Vermittler zugehen werden, um ihre Hypothek zu finanzieren. Parallel dazu wird der Anteil jener steigen, die ihre Finanzierung selbstständig über digitale Tools abwickeln wollen.
Zudem werden aufgrund des Fachkräftemangels und der hohen Lohnkosten repetitive Prozesse konsequent automatisiert, die technischen Möglichkeiten dazu sind längst vorhanden.
Bei der Vermittlung arbeiten Sie mit einem breit gefächerten Netzwerk von Banken, Versicherungen und Pensionskassen. Wie stellen Sie sicher, dass diese Partner-Netzwerke sowohl für Vermittler als auch Endkunden echten Mehrwert liefern?
Loyalität und Vertrauen, gepaart mit einem gemeinsamen Qualitätsverständnis und hoher Umsetzungsstärke – das ist unser Erfolgsrezept. Dadurch reduzieren sich Leerläufe erheblich und der Abschlusserfolg steigt.
Zudem pflegen wir einen sehr bewussten Umgang mit unseren Finanzierungspartnern: Wir holen nicht fünf Offerten gleichzeitig ein, sondern in der Regel eine, maximal zwei. Der Mehrwert einer dritten oder vierten Offerte ist praktisch gleich null. Leider gibt es Vermittler, die genau das tun – angeblich im Interesse des Kunden. In Wahrheit stellen sie damit jedoch die Bedürfnisse der Hypothekargeber in den Hintergrund und schwächen das Vertrauen im gesamten Prozess. Unser Ansatz ist anders: Fokus, Fairness und Effizienz – damit schaffen wir nachhaltigen Mehrwert für alle Beteiligten.
Viele Vermittler klagen über sinkende Margen und steigenden Konkurrenzdruck. Wie reagieren Sie mit Ihrem Angebot auf diese Marktbedingungen?
Wir geben jedem Vermittler die Chance, im Hypothekarmarkt mit seinen bestehenden Kunden höhere Erträge zu generieren. Der Preis dafür ist Weiterbildung nach meinem Motto: «Keine Vermittlung ohne Weiterbildung.»
Wenn Sie auf die Gründungsphase von S.O.I. zurückblicken: Was waren die gröbsten Stolpersteine und welche Erfahrungen haben sich als besonders wertvoll erwiesen?
Eine Herausforderung war, die «Berufsblindheit» aus der klassischen Hypothekarwelt abzulegen und den Kreditanfrageprozess konsequent aus Sicht der IT neu zu denken. Besonders wertvoll war die Erkenntnis, dass, wenn Tagesgeschäft und Technologie perfekt ineinandergreifen, Innovation keine Grenzen kennt.
Nachhaltigkeit und Effizienz sind im Finanz- und Immobilienbereich zunehmend Thema. Gibt es bei S.O.I. entsprechende Ansätze, z. B. nachhaltige Finanzierungen oder energie-effiziente Immobilienprojekte?
Ja, auf jeden Fall. Das Thema Nachhaltigkeit kommt heute von allen Seiten: Kunden, Entwicklern und Finanzierungspartnern. Unsere Aufgabe ist es, die Erwartungen der Hypothekarnehmer mit den Angeboten der Hypothekargeber in Einklang zu bringen.
Wie sieht Ihre Roadmap für die nächsten fünf Jahre aus? Welche Meilensteine streben Sie mit S.O.I. sowohl hinsichtlich Wachstum als auch Technologie und Marktpositionierung an?
Nach dem Erreichen des Break-even und dem Proof of Concept befinden wir uns jetzt in der Wachstumsphase und bereiten die Skalierung vor. Unser Ziel ist es, das grösste Freelance-Hypothekarteam der Schweiz aufzubauen und unsere Position als Kompetenzzentrum für Hypothekarfinanzierungen weiter zu festigen.
Mit den gesammelten Daten und Erfahrungen können wir künftig auf KI-basierte Systeme aufbauen. Ich kann heute schon sagen: Wir arbeiten an etwas, das die Zukunft des Hypothekarmarkts entscheidend mitprägen wird.
Abschliessend: Welchen Rat würden Sie einem Finanz- oder Versicherungsberater geben, der heute in den Hypothekarmarkt starten möchte und worauf sollte er besonders achten?
Den Horizont auf eine langfristige Kundenbindung legen, sich laufend weiterbilden und mit den eigenen Bestandskunden beginnen.
Und nie vergessen: Jedes Jahr werden in der Schweiz rund 100 Milliarden Franken Hypotheken neu- oder refinanziert – der Markt ist riesig für alle, die kompetent und konsequent arbeiten.
Die Fragen hat Binci Heeb gestellt.
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